Akten

Haben Abmahnanwälte nichts mehr zu tun?

Good bye Abmahnung? Es wurde gemunkelt, das neue Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, insbesondere §97a Abs. 3 S. 2 UrhG könnte sich negativ auf die Bilanz von Anwälten auswirken, die sich primär mit der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen beschäftigen. Leider darf man nicht das Ende der Filesharing-Abmahnungen verkünden, es bleibt alles beim Alten. Zumindest beinahe.

Rechtsanwalt Tobias Röttger verzeichnet seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes kaum Änderungen. Die Kanzlei Waldorf Frommer verschickt wie eh und je Abmahnungen in großer Stückzahl. Lediglich senkte man die Höhe der Gesamtforderungen auf etwas über 800 Euro und passte das neue Schreiben den gesetzlichen Gegebenheiten an. Auch bei Sasse und Partner ist business as usual angesagt. Sasse und Partner fordert die Zahlung einer Schadenspauschale in Höhe von 800 Euro für die illegale Verbreitung von Spielfilmen und Fernsehserien. Das tat die Kanzlei davor auch schon.

Kaum Änderungen erkennbar

Ähnlich wie andere Gesetze in diesem Bereich wurde auch der neue § 97a Abs. 3 UrhG  vom Gesetzgeber in mehreren Punkten nicht konkret genug formuliert. Somit verbleibt für die Abmahner vor Gericht viel Freiraum zur Auslegung. Beispielsweise addiert Waldorf Frommer in ihren Abmahnungen zum Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs auch noch den Gegenstandswert des Schadensersatzanspruchs hinzu. Die Summe wird als Grundlage zur Berechnung der Rechtsanwaltskosten benutzt. Leider geht aus dem UrhG nicht hervor, ob das legal ist. Da die Bundesregierung auf eine Festlegung verzichtet hat, werden diese Punkte künftig vor Gericht verhandelt. Bis der BGH alle Unklarheiten beseitigt hat, sollte er den Auftrag dazu erhalten, vergehen noch einige Jahre.

Abmahnung adé?

In der Zwischenzeit kann fleißig weiter abgemahnt werden. Von daher ist nicht damit zu rechnen, dass Abmahnanwälte so bald arbeitslos werden. Natürlich wirkt sich dies auch positiv auf die Auftragslage der Anwälte aus, die abgemahnte Filesharer vertreten, das darf man dabei auch nicht vergessen. Auch die machen wie eh und je Werbung für ihre Dienstleistung: „Porno runtergeladen und anschließend Abmahnung erhalten. Wie soll man reagieren? Schnell zahlen und unterschreiben, damit die Familie nichts mitbekommt?

2 Gedanken zu „Haben Abmahnanwälte nichts mehr zu tun?

  1. GguGepr – Haben Abmahnanwälte nichts mehr zu tun??

    Es ist nach meiner Meinung die falsche Herangehensweise.

    Seit Inkrafttreten (09.10.2013) des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken (GguGepr) sind die Trends erkennbar:

    a) einige warten noch ab
    b) der große Teil setzt das GguGepr um, indem man für den Gegenstandswert (Berechnung der anwaltlichen Gebühren) den § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG i.V.m. den anderen Ansprüchen aus einer Abmahnung aufrechnet, so dass die ursprünglich ca. 147,56 EUR (RVG n.F.) sich erhöhen auf ca. 215,00 EUR. Jetzt wird der Schadensersatz im Gegensatz vor Inkrafttreten GguGepr angehoben, so dass man wieder auf die fast identischen Forderungen (vo Inkrafttreten) ist.
    c) ein Abmahner (bislang bekannt) verneint sogar die Anwendung des § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG wegen der vom Gesetzgeber neu eingeführten “Unbilligkeit“. Hier argumentiert man in Richtung der Schwere der Rechtsverletzung, da man in der Regel -vor- Veröffentlichung auf einem (Verkaufs-)Datenträger, die Werke in einer Tauschbörse weltweit anbietet.

    Dem Gesetzgeber ist es wieder einmal erneut gelungen, (wie schon mit Einführung des § 97a Abs. 2 UrhG (a.F. / 01.09.2009 GEigDuVeG; “100 EUR“-Deckelung)), ein Gesetz zu schaffen, wo man in Vorfeld sich stark macht gegen Abmahnmissbrauch und horrend hohe Anwaltsgebühren – dieses auch so erkennt – letztendlich ein “liederliches Gesellenstück“ abliefert.

    Die generelle Deckelung, der Erstattung der anwaltlichen Kosten auf 1.000,00 EUR wurde doch vor der Bundesratssitzung (20.09.2013; 614.) wieder herausgenommen und dafür der Zusatz gewählt: nur für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch.

    (…) Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beschränkung des Erstattungsanspruches nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR sich nur auf den Gegenstandswert des Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches bezieht. Wird neben dem Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht, ist dessen Wert dem Gegenstandswert hinzuzurechnen (BT-Drucksache 17/13057, S. 29). (…)

    Dann gilt weiterhin § 3 ZPO, wonach der Wert vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt wird.

    Und last but not least, kommt es zu einer alten/neuen Diskussion betreffs des “geweblichen Ausmaß“, ist dann bei einer gewerblichen Einstufung auch der fliegend Gerichtsstand wieder im Raum stehend.

    Letztendlich wird das “Reifen“ diesen liederlichen Gesellenstückes den Gerichten überlassen und deren Rechtsprechung der nächsten Jahre. Einen Vorteil hat es, der Gesetzgeber kann immer sagen: Wir haben unseriöse Geschäftspraktiken erkannt und eingedämmt. Und die nächste BTW kommt dann bestimmt, wo man – wie bei Steuern und Maut – erkennt: Vor der BTW, ist nie nach der BTW!

    Den Erfolg oder Misserfolg des GguGepr bleibt deshalb im Auge des jeweiligen Betrachters. Auf der Strecke bleiben aber erneut die Verbraucherinteressen.

    MfG Steffen Heintsch

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert