pkw-maut

PKW-Maut: Wann kommt die Totalüberwachung?

Thema PKW-Maut. Bereits vor 9 Jahren verlangten Vertreter verschiedener Organisationen zum Schutz von Daten die Bundesregierung auf, den Vertrag mit Toll Collect zu kündigen. Damals wurde das Mauterfassungssystem für LKWs als „Straßen-Totalüberwachungs-System“ bezeichnet. Im Herbst 2003 forderten auch Strafermittlungsbehörden einen Vollzugriff auf alle Mautdaten. Man sieht: Wo viele Daten entstehen, da entstehen auch Begehrlichkeiten an die Informationssammlungen zu gelangen.

Natürlich ist die Bundesregierung der damaligen Aufforderung von CCC, Digital Courage und anderen Vereinigungen nicht nachgekommen. Wenn es nach Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geht, kommt die Maut bald auch für PKWs. Statt eines Aufklebers wie in einigen Nachbarländern ist hierzulande die Einführung einer elektronischen Vignette geplant. Demnach müsste der Verkehr auf den mautpflichtigen Straßen ständig überwacht werden. Bislang wurde mit Hilfe der überall aufgestellten Mautbrücken lediglich kontrolliert, wo sich wann welche LKWs bewegen. An den Bewegungsprofilen der Fahrzeuge haben auch diverse Behörden Interesse. Sie könnten mit den Daten die LKWs und PKWs von Verdächtigen überwachen. Bislang wird allerdings angenommen, dass die Übermittlung der Mautdaten im Rahmen eines geschäftsmäßigen Telekommunikationsdienstes erhoben werden, weswegen sie unter die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) fallen. Demnach wäre eine Weitergabe durch Toll Collect nicht möglich.

Trotzdem will BKA-Chef Jörg Ziercke nach Medienangaben die bei der geplanten PKW-Maut anfallenden Daten zur Verfolgung von Schwerkriminellen verwenden. Angeblich soll sich seine Forderung lediglich auf wenige Ausnahmen beziehen. Noch schließt Dobrindt dies aus. Neben der Erfassung der Autokennzeichen wird von den Mautbrücken übrigens jedes Mal auch ein Foto von den Fahrzeugen geschossen. Die Geräte sind allerdings nicht alle rund um die Uhr im Einsatz.

Toll Collect darf bislang folgende Daten speichern:

1. Foto des Fahrzeugs
2. Name der Person, die das Fahrzeug führt
3. Ort und Zeit der Benutzung mautpflichtiger Straßen
4. Kennzeichen des Fahrzeugs
5. Bestimmte Merkmale des Fahrzeugs, die die Mauthöhe bestimmen.

Wenn die PKW-Maut kommt, müssen die Mautbrücken umgerüstet werden. Toll Collect will aus gutem Grund keine Angaben zur Höhe der Kosten machen. Für einen erweiterten Einsatz sind die Geräte nicht ausgestattet. Sie können nur LKWs ab einer gewissen Größe erfassen. Dadurch kommen auf uns Steuerzahler zusätzliche Kosten in unbekannter Höhe zu. Vorher müsste man natürlich das entsprechende Gesetz ändern.

Datensätze nicht mautpflichtiger Fahrzeuge werden gemäß § 9 Abs. 5 Bundesfernstraßenmautgesetz sofort gelöscht. Eine Erweiterung der Erfassung geht mit deutlich mehr Datensätzen einher, die künftig gespeichert werden dürfen. Der Präsident des Bundeskriminalamtes erhofft sich vom Abgleich der Fahndungsdaten mit den Kennzeichen schnellere Fahndungserfolge. Doch sobald diese Vorgehensweise bekannt ist, werden die Kriminellen alle Straßen meiden, wo Mautbrücken stehen. Ähnlich wie bei der Vorratsdatenspeicherung gehen derartige Maßnahmen zumeist ins Leere, während die „restlichen Verkehrsteilnehmer“ anlasslos überwacht werden. Im Internet kann man die Nutzung der Leitung zwar nicht vermeiden. Cyberkriminelle erschweren die Arbeit der Ermittler durch die Verwendung von VPN-Anbietern, die ihre IP-Adresse verschleiern. An der Forderung vieler Politiker und Behördensprecher hat das Verhalten der Kriminellen nichts geändert. Sie fordern das Monitoring im Internet selbst dann, wenn fast ausschließlich unbescholtene Bürger davon betroffen sind.

Die Kritik der Opposition fällt entsprechend deutlich aus. MdB Jan Korte (Die Linke) spricht vom „gläsernen Autofahrer„, dessen Einführung sich die Bundesregierung wünscht. Korte weist auf das Urteil vom Bundesverfassungsgericht hin, wonach eine massenhafte anlasslose Erhebung von KFZ-Kennzeichen nicht verfassungsgemäß ist. Die Bürgerrechte würden „scheibchenweise“ aufgehoben. Wahrscheinlich, um einen Aufschrei in der Bevölkerung zu vermeiden. Die Piratenpartei sieht Dobrindts Pläne als funktionsfreies „Bürokratie- und Datenmonster“ an. Damit würde „eine Überwachungsinfrastruktur aufgebaut, mit der eine generelle Überwachung und bundesweite Bewegungsprofile schnell und unbemerkt realisierbar“ wäre. Man spricht dabei von einer „Gefahr, die in Zeiten entsprechender NSA- und BND-Skandale leider nicht aus der Luft gegriffen ist.

PKW-Maut: Wie können wir uns davor schützen?

Leider gar nicht. Die Kennzeichen werden schon jetzt festgehalten. Fotos von den Fahrzeugen macht man jetzt schon. Bislang werden die Bilder und Daten von nicht mautpflichtigen Fahrzeuge sofort gelöscht. Doch wer will das nachprüfen? Woher wissen wir, dass die Daten nicht schon anderweitig verwendet werden? Auch diverse ausländische Geheimdienste dürften ein (mehr oder weniger) berechtigtes Interesse am Aufenthaltsort zahlreicher Bundesbürger haben. Zwar sind unsere Behörden bisher nicht dadurch aufgefallen selbst gegen Gesetze verstoßen zu haben. Sie waren aber den US-amerikanischen Geheimdiensten bisher sehr gerne bei ihrer Datensammlung und Auswertung behilflich.

Schon die Römer hinterfragten vor vielen Jahren: „Aber wer bewacht die Bewacher?“ Diese Frage ist bis heute aktuell und wird es wohl noch länger bleiben…

Dieser Artikel war früher Teil meines Blogs „Der Datenhüter“ beim Stern.

Ein Gedanke zu „PKW-Maut: Wann kommt die Totalüberwachung?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert