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heute journal: Wie weit durfte Frau Slomka gehen?

Nach dem Wortgefecht zwischen dem SPD-Chef Sigmar Gabriel und der „heute-journal“-Moderatorin Marietta Slomka wird viel über Journalismus und die Einflussnahme mancher Politiker diskutiert. Immerhin erreichte das ZDF damit weit über 4 Millionen Zuschauer und nahm zu diesem Zeitpunkt den zweiten Platz ein. Das sind Zahlen, die sich die Macher weit häufiger wünschen würden.

ZDF-Chef Thomas Bellut darf sich Ende der Woche die Kritik von Herrn Seehofer anhören, weil dieser ebenfalls dem Rundfunkrat angehört. Von daher ist es mit der von Bellut propagierten Unabhängigkeit von ARD, ZDF & Co. nicht weit her. Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang bitte kurz an den Fall Nikolaus Brender. Anfang 2009 kündigten einige Unionspolitiker des 14-köpfigen ZDF-Verwaltungsrats an, den Vertrag vom aufmüpfigen Brender nicht zu verlängern. So kam es dann auch. Von daher hat sich sein Nachfolger Peter Frey in der Causa Slomka eher zurückhaltend geäußert. Trotzdem nehme ich Frau Slomka in Schutz, weil es eben nicht die Aufgabe einer Nachrichtensendung ist, eine Art Hofberichterstattung zum Wohl der Parteien und ihrer Vertreter im Rundfunkrat durchzuführen.

Es spricht für sich, wenn sich der CSU-Vorsitzende per SMS über die Qualität der Berichterstattung beschwert. Wieso wendet er sich direkt per Kurznachricht an den ZDF-Intendanten statt sich wie jeder andere Bürger an das übliche Procedere zu halten? Das hat meines Erachtens viel mit Kontrolle und einem Wink mit dem Zaunpfahl zu tun. Sollte sich Frau Slomka erneut zu weit aus dem Fenster lehnen und einen seiner Mitstreiter öffentlich als „Schulbub“ behandeln, könnte er auf die Idee kommen, seinen Einfluss geltend zu machen. Der Umgang mit den Großkopferten der Politik ist für die Moderatoren der öffentlich-rechtlichen Sender wie ein Tanz auf dem Vulkan. Entweder sie werden von den Zuschauern kritisiert, weil sie zu wenig nachhaken. Oder aber sie riskieren bei zu harten Wortgefechten auf Dauer ihren Job. Leider sehen die Interviews der privaten TV-Sender nicht besser aus, obwohl dort jegliche Einflussnahme schwieriger erscheint.

Meine weitere Nachbetrachtung des Wortgefechts finden Sie hier bei den Netzpiloten.

Diese Glosse der FAZ fällt unter die Kategorie Lesepflicht: Wie hätten Angela Merkel, Gerhard Schröder, Gregor Gysi oder Guido Westerwelle auf die bissigen Fragen reagiert? Bilder: ZDF, Marco 126.


Interessante Einblicke: Wie sich Frau Slomka auf Interviews vorbereitet. Bis zu drei Stunden Vorbereitung für drei Minuten.

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