»Wer Bücher schreibt, geht ein Risiko ein.«

Moritz Sauer

Was man beim Schreiben eines eigenen Buches bedenken sollte

Moritz »mo.« Sauer liebt und lebt digitale Kultur. Computer begleiten ihn seit seiner Jugend. Mit einem C64 fing alles an, später folgte ein Amiga, dann ein PC, und dann noch einer und so weiter. Als Realist verleugnet er nicht die Möglichkeiten des Webs, analysiert als Journalist neugierg Trends und ärgert sich als Buchautor ziemlich über zahlreiche Kommentare zu Thomas Elbels Artikel. In seinem Beitrag beleuchtet er das Thema noch einmal aus einem anderen Blickwinkel mit dem Wunsch, mehr Licht ins Dunkel zu bringen und die Qualität der Diskussion zu füttern.

Ein Autor stellt sich vor

Hallo, mein Name ist Moritz »mo.« Sauer ich bin Journalist, Webdesigner, Berater und Dozent. Außerdem bin ich noch Autor. Genauer gesagt, Sachbuchautor von mittlerweile vier Büchern, die im renommierten O’Reilly Verlag erschienen sind. Die Bücher kreisen um mein Lieblingsthema »Digitales Publizieren im Internet«. Gemeinsam mit Lars Sobiraj produziere ich die YouTube-Sendung digitalKultur.TV.

Moritz Sauer, Köln

Das Risiko: Was Autoren heute klar sein sollte

Egal welche Art von Buch man schreibt, muss man heutzutage der Realität ins Auge schauen und wichtige Fakten einfach akzeptieren. Diese Tatsachen sind vor allem zwei Dingen geschuldet: der digitalen Vernetzung und den preiswerten/billigen Produktionsbedingungen.

  • Niemals zuvor war es einfacher ein Buch zu (raub)kopieren – nämlich zum Nulltarif in digitaler Form.
  • Niemals zuvor hatten Menschen so einen freien und mit wenig Kosten behafteten Zugang zur Produktion von Büchern (Musik, Videos, Audio,…).
  • Niemals zuvor war der Markt so übersättigt und enstanden so viele Medien (Bücher, eBooks, Musik, Videos…).

Das Resultat…

  • …ist eine größere Konkurrenz, die man ausstechen muss.
  • …sind billigere Preise für Endkonsumenten.
  • …sind geringere Einnahmen für (Medien-)Produzenten.
  • …ist eine Unzahl an schlechten Medienproduktionen.

Warum ich meine Sachbücher schreibe

Ein großer Unterschied zwischen mir und Thomas Elbel ist das Buchformat. Ich schreibe keine Literatur, sondern Sachbücher. Meine Bücher haben eine kurze Lebensdauer (maximal zwei Jahre), weil Technologie wie Software und Hardware sich rapide entwickeln. Schnell veralten somit Screenshots, fehlen neue Funktionen, und, und, und…

Das ist ein kalkuliertes Risiko, dass ich eingehe, welches mir aber erst nach meinem Debüt »Websites für Musiker, DJs und Netlabels« erst bewusst geworden ist. Meine Bücher schreibe ich aus zwei Gründen:

  1. Ich will das Thema einfach als Buch veröffentlichen.
  2. Ich will mich zu dem Thema als Experte positionieren.
  3. Ich will mich und mein Können der Kritik stellen und verbessern.

Eines der Hauptziele meines ersten Buches war, dass ich Seminare und Workshops geben wollte und dachte, dass mir eine Buchveröffentlichung bei der Positionierung in einem guten Verlag helfen würde. Ich habe Glück gehabt und der beste Verlag hat meine erste Idee aufgegriffen und in mich investiert. Ob die Idee funktioniert, war unklar.

Wie viel Zeit ich in ein Buch investiere und was an Geld herauskommt

Für mein erstes Buch im Jahr 2005 hat mir mein Verlag 2.000,00 € Vorschuss gezahlt. Dieses wurde mit den Tantiemen verrechnet. Am Ende war das Buch ein so genannter »Flyer«. Das Buch ist nicht abgestürzt, es war aber auch kein Bestseller. Es hat sich ein bisschen mehr als 1.000 Mal verkauft. Der Verlag war zufrieden, ich sowieso. Und die unzähligen Male, wenn in Bibliotheken mein Buch oder Ausschnitte davon kopiert wurden, sind in diesen Verkäufen nicht mit einberechnet. Zum Glück gibt es dafür noch ein wenig Geld von der VG Wort, sofern man sein Buch dort anmeldet.

Das Buch habe ich kontinuierlich über einen Zeitraum von ca. sechs Monaten geschrieben und wenig Zeit gehabt, andere Aufträge zu bearbeiten. Hier ungefähre Fakten zu meinen drei weiteren Büchern. Aus Faulheit grabe ich jetzt nicht meine Abrechnungen heraus. (Stand Januar, 2014)

»Weblogs, Podcasting & Online-Journalismus«
Arbeitszeit: 6 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.000
Einnahmen: ca. 2.000,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2006, 1. Auflage
»Blogs, Video & Online-Journalismus«
Arbeitszeit: 5 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.200
Einnahmen: ca. 2.200,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2010, 2. Auflage
»Das WordPress-Buch«
Arbeitszeit: 4 Monate
Verkaufte Exemplare: ca. 1.000
Einnahmen: ca. 2.200,00 €
Moritz »mo.« Sauer
O’Reilly Verlag, 2013, 1. Auflage

Eigentlich müsste ich noch ein paar Kröten abziehen, da ich mein Buch Anderen kostenlos in die Hand gedrückt habe, in der Hoffnung, dass sie über das Buch schreiben oder aufgrund des Buches einen Auftrag oder Job vermitteln. Natürlich hat auch der O’Reilly Verlag Medien und Journalisten mit Rezensionsexemplaren versorgt.

Dank meiner Kontakte als Journalist wurden die Bücher in einigen Printmedien und Radiosendungen vorgestellt. Dieses Netzwerk habe ich vorher jahrelang aufgebaut. Das ist bereits geleistete Arbeit.

Hier kurz eine Anmerkung zum Thema »Crowdfunding«. Crowdfunding funktioniert nur dann, wenn man bereits eine Fan-Basis hat. Wer keine Fans hat, der hat niemand, den er benachrichtigen kann, dass er ein unterstützenswertes Projekt startet. Und eine Fan-Basis baut man sich durch – in der Regel – viel unbezahlte Arbeit auf. Diese Tatsache vergessen viele, die immer behaupten: »Dann betreib’ doch Crowdfunding!«.

Schaut man sich erfolgreiche und teilweise abgefahrene Crowdfunding-Projekte an, dann erkennt man schnell, dass die meisten bereits eine großen Bekanntheitsgrad in ihrer Community (Chris Hülsbeck, Double Fine Adventure,…) oder als Produzent besitzen. Die meisten Projekte gehen auch in Vorleistung und stellen oft bereits funktionierende Prototypen vor (Ouya, WakaWaka Power).

Wie ich wirklich mit Büchern Geld verdiene

Wie oben erwähnt, schreibe ich Sachbücher, also Bücher, die Menschen etwas beibringen. Mein aktuelles Buch »Das WordPress-Buch« habe ich nur geschrieben, weil ich weiß das WordPress ein erfolgreiches Redaktionssystem ist. Zur Zeit ist WordPress sehr beliebt, darum war ich sicher, das es sich gut verkaufen lässt und dass ich es weiter pflegen werde ohne bei jedem neuen Buchversion von vorne neu anzufangen. Es sieht gut aus und es ist das Buch, dass am Besten fliegt und wirklich sehr gute Kritken bei Amazon einfährt.

Richtiges Geld verdiene ich mit meinen Workshops und Kursen, die gut besucht sind und die Resonanz ist positiv. Das Buch ist eine Art Medaille, die ich mir hart erarbeitet habe und mit welcher ich mich von anderen WordPress-Trainern abhebe.

Schreiben ist Handwerk und es braucht seine Zeit

Ein guter Autor fällt nicht vom Himmel. Genauso wenig wie ein Schreiner, Programmierer oder Automechaniker. Harte Arbeit, Praxis und Kritikfähigkeit sind Vorraussetzungen, dass man besser wird. Darum geht man in die Lehre, macht ein Studium, ein Praktikum oder Volontariat.

Wenn ich meine Bücher sprachlich vergleiche, dann denke ich nur: »Lass mal meine ersten zwei Bücher im Schrank. Und bitte kram’ erst recht nicht meine Diplomarbeit aus irgendeiner Ritze meiner Festplatten.«

Mit Übung, Wille und Dank meiner unnachgiebigen Lektorin, sind meine Bücher immer besser geworden, als wenn ich sie alleine geschrieben hätte. Gleiches gilt für andere Autoren. Wer denkt, dass Haruki Murakami oder George R. R. Martin sofort Bestseller veröffentlicht hätten, der tut mir in seiner Naivität leid.

Warum sind manche so gehässig gegenüber Autoren?

Viele gehässige, abwertende oder unwissende Kommentare zum offenherzigen Artikel von Thomas Elbel ärgern mich. Ich habe keines der Bücher von Thomas Elbel gelesen. Trotzdem liest man in seinem Beitrag, dass er hart an sich arbeitet und dafür bereit ist Geld zu investieren. Es ärgert mich aber auch menschlich, wie aufgeblasen viele Kommentare daherkommen.

Diese Kommentarschreiber haben einfach keine Ahnung und maßen sich an, sie wüssten so viel. Bitte produziert selbst einmal ein aufwendiges Projekt und ihr werdet entdecken, wie viel Arbeit in dieses Projekt fließt, die Ihr gar nicht habt kommen sehen.

So wenig wie ihr Euch anmaßen würdet, die gute Arbeit eines Rohbauers, Software-Entwicklers, Ingenieurs, Chemikers, Schreiners, Elektrikers,… zu beurteilen, so viel Respekt solltet ihr vor Künstlern, Autoren, Regisseuren, Produzenten oder Musikern haben. Wenn Ihr nicht halb so gut Klavier spielen könnt, wie Lang Lang, dann könnt ihr nicht abschätzen, wie viel er für sein Können gearbeitet und geopfert hat.

Wenn Ihr nie einen eigenen Film mit Schauspielern produziert habt, wisst Ihr nicht wirklich wie viel eine solche Produktion kostet und wie viel Herzblut dort hinein fließt. Und wenn Ihr nie mehr als 80 Seiten eines Skriptes, Hausarbeit, Diplomarbeit, Kurzgeschichte oder eines Sachbuches geschrieben habt, dann könnt ihr eine solche Arbeit einfach nicht beurteilen.

Was Ihr beurteilen könnt, ist ob das Buch spannend, der Film unterhaltsam oder die Musik gerockt hat. Aber wie viel Arbeit in einem Daft Punk-Album, einem Herr der Ringe-Roman oder einem Film wie Inception steckt, könnt Ihr nicht beurteilen. Ich übrigens auch nicht, weil ich nichts Ähnliches bisher produziert habe.

Wichtige und spannende Thesen von Tim O’Reilly zum Thema

Die folgenden Thesen stammen von Tim O’Reilly einem der wichtigen Vor- und Mitdenker zum großen Thema digitale Kultur, digitale Ökonomie und digitale Entwicklungen. Das Original »Piracy is Progressive Taxation« kommentiert und übersetzt Alexander Plaum im deutschen O’Reilly-Blog.

Die Thesen stellen sich der Realität, rechtfertigen aber nicht eine ungefragte Kopie.

  1. Obscurity is a far greater threat to authors and creative artists than piracy.
  2. Piracy is progressive taxation.
  3. Customers want to do the right thing, if they can.
  4. Shoplifting is a bigger threat than piracy.
  5. File sharing networks don’t threaten book, music or film publishing. They threaten existing publishers.
  6. Free is eventually replaced by a higher-quality paid service.
  7. There’s more than one way to do it.

 

Weitere Artikel zum Thema:

Thomas Elbel: Von Einem der auszog, ganz allein ein Buch zu veröffentlichen.

Matthias Wenzel: Internetpiraterie: Demokratischer Kapitalismus

Kaspar Dornfeld: Schreibegeld oder der feindliche Leser

Michael Hambsch: Crowdfunding funktioniert – aber nicht für Belletristik

35 Gedanken zu „»Wer Bücher schreibt, geht ein Risiko ein.«

  1. Danke für den Einblick, Moritz. Selbst wenn unsere Artikel vielleicht keinen einzigen „Piraten“ auf den rechten Weg bringen, ist es durchaus interessant und hilfreich sich gegenseitig in die Karten schauen zu können. Dein Artikel hat auf jeden Fall noch mal meinen Horizont erweitert.
    Mit Herrn O’Reilly habe ich allerdings so meine Schwierigkeiten. Wenn Piraterie tatsächlich bedrohlich ist (was die Piraten ja massiv bestreiten), dann bedroht es die Wertschöpfung und diese Bedrohung ist dann unabhängig davon, ob ich selbst verlege oder verlegen lasse. Richtig ist das höchstens in dem Sinne, dass je geringer die Wertschöpfung ist, desto weniger werden davon zehren können. Also erzeugt Piraterie einen Druck hin zum Selbstverlegen. Man kann es dann aber auch anders ausdrücken, Piraterie zwingt dazu, Arbeitsteiligkeit aufzugeben und möglichst viel selbst zu machen und das finde ich schon ökonomisch unsinnig.
    Aber wie gesagt: Danke für den tollen Artikel.

      1. Ich finde es wurde genug auf Herrn Elbel herumgehackt.
        Seine Position hat durchaus ihre Berechtigung wobei ich nur Teile davon unterstütze (oder anders ausgedrückt formal ist Er im Recht hat aber nichts davon). Bewundernswert ist wie er sich der Disskusion stellt.
        Im Endefekt haben wir hier keine Möglichkeit die beiden Meinungen deckungsgleich zu bekommen.
        Ich persönlich sehe das recht neutral, vermute aber das das irgendwann mit einer Abschwächung der Schutzrechte (die auf dem Papier ja erst vor kurzen ausgeweitet worden sind) enden wird (sobald die Mehrheit der Bevölkerung gewohnheitsmäßig geltendes Recht bricht kann man hart durchgreifen und vermutlich massiven Wiederstand provozieren oder halt das Recht ändern; Bei der aktuellen Regierung würde vermutlich erstmal eine Ankündigung kommen, dann lange nichts und dann ein Kompromiss das alle Analpabeten [oder doch Analphabeten?] alles lesen können und alle andern nur dann wenn sie sich nicht erwischen lassen oder eidesstattlich versichern das sie sich zumindest wie Analphabeten fühlen [der Einwurf der CSU wird sein das das natürlich nicht für Ausländer gilt, oder die eine Lesemaut bezahlen müssen, da die uns sonst unsere schöne deutsche Sprache weglesen]).
        Noch ein Wort zum Beifang von Indie Titeln, der Einwurf war von mir und sollte eigentlich daran erinnern das es noch andere und wichtigere Probleme (wie Überfischung) als Streitereien über Buchpiraterie gibt. Das war zugegebenermaßen recht flappsig formuliert und mißverständlich, da habe ich wohl um zuviele Ecken gedacht.
        Die Gedankenassoziation war Buchpiraten (Piraten > Meer), andere Probleme > fischen > Überfischung > also Ebooks als Beifang die nicht ins Datenmeer zurückgekippt werden.

        1. Nicht böse sein, wenn ich mir aus mehreren jetzt mal das einzige Argument rausgreife, dass aus meiner Sicht eine gewisse oberflächliche Validität hat, das Argument des Massenphänomens.
          1. Frage: Ist es irgendwo empirisch belegt, dass bewusst urheberrechtsverletzendes Verhalten eine stetig steigende Tendenz aufweist? Kann es sein, dass das ganze auch nur eine Modeerscheinung ist, so wie in den 70ern Teile der Linken mal mit freier Pädophilie liebäugelten (Disclaimer: Nein, ich setze das vom Unrechtsgehalt her nicht gleich)? Sie könnten jetzt sagen, dass die Jugendlichen quasi in dem Bewusstsein aufwüchsen, es handele sich um normales Verhalten. Ich kann das aus meinem Bekanntenkreis nicht bestätigen. Für mich ist das eher ein Phänomen, das auf bestimmte Milieus beschränkt ist. Außerdem: Als ich jung war, waren wir alle für freies Kiffen. Heute, wo wir selbst Kinder haben, sehen ich und meine Peer Group das definitiv anders.
          2. Frage: Ist allein die Tatsache, dass eine gewisse Rechtsübertretung das Potenzial zum Massenphänomen hat, schon ein Grund zur Legalisierung? Müssten wir dann nicht auch gleich Rotlichtverstöße, Geschwindigkeitsübertretungen und Ladendiebstahl legalisieren?
          3. Frage: Sind Urheberrechtsverstöße im Internet nicht nur die Spitze des Eisbergs? Haben wir nicht eher ein generelles Problem mit Rechtstreue im digitalen Raum? Führt uns nicht gerade die NSA vor, wie schlimm es ist, wenn sich im Internet weder Bürger noch Staat an die tradierten Regeln gebunden fühlen, nur weil es so verdammt einfach ist, sie zu brechen?
          Bin gespannt auf Ihre Gedanken.

          1. Ich kann nur für mein Umfeld sprechen da ist es so.
            Die Leute sind mehrheitlich nicht arm (auch oft nicht übermäßig reich aber halt nicht arm).
            Ich denke schon das fast alle wissen was sie tun, da fast alle ein Studium oder eine äquivalente Ausbildung absolviert haben.
            Arbeiten tun die in allen Bereichen also Beamte (u.a. auch Richter), Angestellte und Selbstständige (davon eine ganze Menge die von Kunst und Kunsthandwerk leben > das mal so mal so, eine Reihe erfolgloser Hobbyautoren ist auch darunter, wobei da mehr das Augenmerk bei Lyrik und Sachbüchern lag).
            Alle vereint eine große Liebe zur Kultur, was aber zum Teil auch als Abgrenzung zu anderen verwendet wird.
            Alle sind politisch sehr interessiert und angaschiert (Erhaltung von Schulen > also führen die zu schließende eigene Schule mit eigenen Geld weiter, Sozialprojekte, Kulturförderung/Mäzenatentum, Stadtrat, Naturschutz usw), das Spektrum würde ich als liberal bis linksliberal mit starker grüner Note bezeichnen.
            Die Konfessionen sind alle vertreten neben Agnostikern und Atheisten.
            Also alles gute und meißt sogar ehrliche Steuerzahler.
            Deshalb halte ich es für sehr unwarscheinlich das da verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung von unerlaubten Kopien praxisrelevant umgesetzt werden.

            Erfolgsversprechende Maßnahmen würden auch einen erheblichen Kollateralschaden nach sich ziehen ohne das sicher ist das der gewünschte Nutzen eintritt.
            Es müßte nachhaltig, jede Form von Verschlüsselung und Anonymisierung, vom Endgerät angefangen bis hin zum letzten Server, unterbunden werden.
            Das würde niemand mitmachen.
            Zumal es gute technische Ansätze gibt die sowas unterwandern oder ganz unmöglich machen. Eine Variante die ernsthaft diskutiert wird sind vermashte Funknetze (mit Zugangsschlüssel) die zusätzlich mit Tor betrieben werden, wobei alle Daten End to End verschlüsselt sind.
            Hardwaremäßig ist sowas gar nicht so teuer und man kann sich das wie verschlüsselte Freifunknetze (klingt wie ein Oxymoron) vorstellen.
            Wobei man natürlich damit auch Gesetze brechen würde z.B. größere Antennen und höhere Sendeleistung.
            Sollte also der Überwachungsdruck steigen, steigt automatisch die IT-Kompetenz der Nutzer (es reicht, das nur ein Teil dazu in der Lage ist und dies den anderen zur Verfügung stellt)
            Die Disskusionen bei den Mittelständlern mit denen ich Kontakt habe, gehen aktuell voll in die Richtung, wie sichere ich meine Systeme besser ab usw (war ja auch ein heftiger Weckruf und auf administrative Maßnahmen hofft und vertraut keiner von denen, Das Mißtrauen auch gegen unseren Staat ist eher gewachsen).
            Sollte man das gegen den Willen vieler (und vor allem einfußreicher Gruppen) durchsetzten, würde das sofort eine Schwächung unserer Dienstleistungsbranche und des produzierenden Gewerbes/Industrie nach sich ziehen.
            Da aber nach wievor dort der größte Teil der Menschen in Deutschland arbeitet (und die monitäre und physische Wertschöpfung stattfindet), wird das in der Form nicht kommen (igendjemand muß ja genug Geld in die Kasse spülen das zumindest der Anschein von Renten/Pensionen aufrechterhalten werden kann 🙂 ).

            Das gehört zwar nicht zum Thema aber die Unternehmer die ich kenne haben mehrheitlich (auch im Dienstleistungsbereich) kaum was gegen den Mindestlohn und ich würde nicht alle von denen als Menschenfreunde bezeichnen.

            Zu Ihrm Problem kann man sagen das sie ein Kollateralschaden der Umstände sind und auch mein aufrichtiges Mitgefühl haben (nur dafür können Sie sich nichts kaufen). Ich kenne das durchaus wie es ist, das andere von der eigenen Arbeit profiteren ohne das man was davon hat. Ich habe mal durch eine Insolvenzverschleppung bei einem Kunden, einen mittleren fünfstelligen Betrag eingebüßt (eigene Blauäugigkeit hat dabei auch eine Rolle gespielt). Das war kripplig und hat mich auch sehr verärgert. Auch da trifft zu, ich war im Recht hatte aber nichts davon. Das Beste ist es, sollten die Erfolgsaussichten zu gering sein (Sie als Jurist wissen mit Sicherheit wovon ich rede), es dabei zu belassen und sich anderen Zielen zuzuwenden, ansonsten ärgert man sich den Rest seines Lebens.

            PS:
            KIPO ist kein gutes Argument, das ist das Totschlagsargument schlechthin um irgendwas oder irgendjemand zu diskeditieren (was nicht heißt das das kein Problem ist). Ist in etwa so, als ob man vor Gericht nur mit ja oder nein antworten kann und der Richter fragt „Schlagen Sie Ihre Frau immer noch“ :).

          2. Ja, es gibt durchaus empirische Belege für steigende Copyright-Verletzungen. Bei allen Ebook-Piraterie-Seiten, die überhaupt Statistiken veröffentlichen, sieht man das deutlich. Wie wir in unserer jüngsten Studie darstellen (s. Website) liegt das Verhältnis zur Zeit bei zehn illegalen Downloads auf einen legalen.

            Für O’Reilly-Autoren ist die Lage natürlich speziell, denn, wie Sie ja auch darstellen, hält der Verlag Piraterie für kostenlose Werbung. Was aus meiner Sicht hip klingt, aber naiv ist. Da hat man wenig Mitleid.

            Titel von Ihnen finde ich in drei Sekunden, z. B. „Weblogs, Podcasting und Online-Journalismus. (oreillys basics) German“ oder „Blogs, Video und Online-Journalismus, 2. Auflage“. Es würde mich jetzt pro Buch noch einen Klick kosten, um es herunterzuladen, ohne Kosten, ohne Registrierung. Einziges Problem, dass ich ungefähr zehn Sekunden warten müsste, nicht, weil unsere russischen „Freunde“ absichtlich „drosseln“ würden, sondern weil einige der ukrainischen Server so lahm sind.

      2. Habe ich bereits getan. Aber ich finde die werbewirksame Selbstlosigkeit bereits reicher Autoren wie Doctorow und Coelho in diesem Zusammenhang wenig inspirierend. Wer seine Schafherde bereits im Trockenen hat, kann den anderen behaglich predigen.

  2. „Warum sind manche so gehässig gegenüber Autoren?“

    Als jemand, der die mittlerweile seit Jahren geführten Diskussionen um sog. Raubkopien, filesharing, Urheberrecht etc. mit den teilweise komplett verhärteten Fronten beobachtet, wundere ich mich darüber nicht. Beschimpfungen, Schuldzuweisungen etc. kommen regelmäßig von beiden Seiten und werden in jede weitere Diskussion hinüber getragen.

    Mit ein bisschen Küchenpsychologie könnte jeder darauf kommen, dass eine Schuldzuweisung, selbst wenn sie faktisch untermauerbar ist, beim Gegenüber erstmal eine Abwehrreaktion auslöst.

    Auch Aussagen, wie ‚viele Kommentare sind aufgeblasen‘, ‚die Kommentatoren sind anmaßend‘ wirken nicht gerade beruhigend. Kann sein, dass es stimmt, aber wer soll sich davon angesprochen fühlen? Wer ist „viele“, wer „die“? Im Zweifel alle. Genügend Potential für neue Angriffe.

  3. @Thomas: Ich glaube das Hauptproblem (zumindest im Moment) im Verlagswesen ist nicht die Piraterie. Die meisten Menschen um mich herum besitzen keinen eReader. Die meisten Menschen um mich herum nutzen das Internet sehr wenig im Vergleich zu mir, zu Dir, zu Lars und vielen die hier kommentieren. Ich behaupte, dass das die Mehrheit ist und die Mehrheit organisiert sich keine Raubkopien.

    Das »Problem« sind die gerechteren Produktionsbedingungen und stark geschrumpften Produktionskosten..

    Dazu ein anderes Beispiel: Anfang der 90er Jahre entstand Techno. Produzieren konnte nur der, der Synthesizer und Drummachines und Aufnahmegeräte für teures Geld kaufen konnte. Ein Bekannter von mir hat damals einen semierfolgreichen Trancehit geschrieben und durch Lizensierungen in nur einem Jahr 130.000 € verdient, weil er das nötige und gute Equipment hatte. DJs standen bei ihm Schlange um produzieren zu dürfen. Diese Zeiten sind vorbei. Heute klappt jeder seinen Laptop auf, kauft oder raubkopiert Software für 400-700€ und hat mehr Möglichkeiten als die Musiker damals. Dafür konkurriert er mit Philipinen, Russen, Afrikanern, und, und, und… Ähnliches ist mit dem Printmedium passiert. Heute drucke ich mir Fotos bei DM aus. Produziere 1.000 Flyer für weniger als 60 €… Ergebnis, jeder produziert, schreibt, fotografiert, musiziert und stellt seine Ergebnisse ohne Investitionsschranke ins Netz. Ergebnis sind Netlabels, Katzenblogs, GIF-Art-Künstler,…

    @morgenstern: Du hast vollkommen recht. Ich habe immer die Hoffnung, dass manche vielleicht auch einmal ruhiger werden und merken, dass Beschimpfungen und Schuldzuweisungen nicht immer hilfreich sind.

    1. Ich kenne fast nur noch Leute mit Ereadern (und das über alle Altersgrenzen hinweg).
      Wie die pragmatisch die den ganzen Komplex in der Praxis handhaben, habe ich schon an anderen Stellen ausgeführt.
      Wobei viele nach wie vor eine ganze Menge Geld für Bücher ausgeben, ironischerweise aber fast nur für gedrucktes (Sonderausgaben und so ein Zeug, Geschenke und um es in die Schrankwand zu stellen) und dann kann es nicht teuer genug sein .
      Das würde auch erklären das der Absatz im großen und ganzen nicht gesunken ist.

      1. Das ist wirklich erstaunlich. In der Bahn sehe ich zwar mittlerweile einige mit E-Readern, aber nicht so viele wie mit Büchern. Dabei darf ich natürlich nicht vergessen, dass man mittlerweile auf Smartphones (mache ich auch) hervorragend lesen kann – z.B. über die Kindle-App.

        Den Kauf teurer Bücher kann ich vollkommen nachvollziehen, besonders bei Kunstbüchern oder Bildbänden. Das ist einfach nicht schön auf einem iPad. Papier hat ja auch eine wunderbare Qualität. Ich denke solche Bücher sind ziemlich sicher vor Raubkopien, weil Haptik und ein großes Format zum Leseerlebnis beitragen. Bei Romanen ist das Papier vollkommen egal. Ich lese Romane auch nur noch per Kindle.

        1. Ging ratzfaz in den letzten zwei Jahren. Erst hieß es Papier und unverwechselbares Leseerlebnis und dann hatte fast jeder einen Reader.
          Bei den Buchkäufen spielt eventuell schlechtes Gewissen eine Rolle und das ein Downloadlink auf einer Weinflasche oder einer Pralinenschachtel einfach blöd aussieht auch das angeben im Wohn- oder Studierzimmer geht halt nicht ohne Bücher (da gilt aber je mehr antiquarisches desto besser).
          Bei Bildbänden gebe ich Dir recht, die verkaufen sich sehr gut bei konstant hohen Preisen. Bei Faksimiles ist es nach meiner Beobachtung sehr durchwachsen mal so mal so.

  4. „Mein aktuelles Buch »Das WordPress-Buch« habe ich nur geschrieben, weil ich weiß das WordPress ein erfolgreiches Redaktionssystem ist.“

    Liegt der geringe Erfolg vielleicht auch an den Schwächen bei Rechtschreibung und Zeichensetzung? Sorry, aber die zwei offensichtlichen Fehler im obigen Satz dürfen einem Autor einfach nicht passieren.

    1. »Sorry, aber die zwei offensichtlichen Fehler im obigen Satz dürfen einem Autor einfach nicht passieren.«

      Warum dürfen mir Fehler nicht passieren? Erst einmal macht jeder Fehler, zweitens gibt es genau für diesen Fall Lektoren. Obendrein habe ich heute soviel hier in den Kommentaren mitgewuselt, dass Du mir das verzeihen magst. Es geht hier doch um die Argumente und die Diskussion und nicht in erster Linie um die Grammatik und so… Ich will auch gar nicht wissen, wie oft ich ganze Wörter in meinen Sätzen vergesse.

      1. Sehe ich auch so: ein Tippfehler hier, ein Grammatiklapsus dort und hin und wieder ein vergessenes Komma sind auf solchen Diskussionsseiten kein Problem.

        Etwas anders sieht es mit inhaltlich fragwürdigen Aussagen aus. Als Du in der Diskussion zu Thomas Elbels „von einem der auszog etc“ gesagt hast, man könne einzelne Songs via Verlag bei der GEMA anmelden und andere eben nicht, bin ich erst mal darauf reingefallen. Eigentlich hätte ich mich wundern sollen, dass Du auf meine Rückfrage mit Bitte um Präzisierung nicht geantwortet hast.
        Jedenfalls ist die Information einfach falsch, man kann nicht Musikstücke über einen Verlag bei der GEMA anmelden und andere selbst geschriebene Stücke CC veröffentlichen.
        Und im Gegensatz zu einem einfache Tippfehler können solche unbegründeten Aussagen auch halbwegs Schaden anrichten….

      1. Ich glaube, da werden Sie oft eine Enttäuschung erleben.
        Dafür sind bei Sekretären und Sekretärinnen die von Ihnen erwarteten Fähigkeiten meißt vorhanden und finden sich dann auch in der Korrespondenz wieder.

        1. Aber bei uns hat nur ein Hallenchef aufwärts eine Sekretärin (Warum eigentlich? Die sind doch sonst nicht so knauserig, wenn es um Bürojobs geht – überlest das lieber, ich denke mal wieder laut beim Schreiben).

          Alle darunter sind für die Korrespondenz selbst verantwortlich. Man könnte meinen, das spornt an…

  5. Sehr nüchterne, realistische Betrachtung des Themas. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie vernünftig sich Autoren mit der ganzen „Raubkopie“-Geschichte befassen können, im Gegensatz zu dem, was aus der Film- und Musikecke zu hören ist (egal, welche Seite dort vertreten wird).
    Schätze, wer einmal ein komplettes Buch geschrieben hat, weiß danach auf seine Worte zu achten und das, was er von sich gibt, in Ruhe zu bedenken. 🙂

    Inhaltlich kann ich nur zustimmen:
    Egal, ob Bild, Ton oder Wort, der Zugang zum Markt ist deutlich einfacher geworden, aber die Konkurrenz auch deutlich größer.
    Und das Problem mit den „Raubkopien“ wird stark überbewertet.

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