Schreibegeld oder Der feindliche Leser

Schreibegeld, Kaspar Dornfeld
»Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich irgend etwas ändert.« (Albert Einstein)

»Müssen Sie halt was anständiges bieten, dann bleiben wir auch« (zorniger Zuschauer beim Verlassen des Saales, Landestheater Tübingen, 1996)

Als mich die Bitte erreichte, einen Gastbeitrag für diesen Blog zu schreiben, hatte ich gerade die etwas abstoßende Lust, einen Text voller Mutmaßungen darüber zu verfassen, dass Fahrradhändler scheinbar immer versuchen, einen übers Ohr zu hauen. Ein Text voll Empörung, durchmischt mit ein paar Pointen und einer Spur Hausfrauenzynismus. Ganz abgesehen davon, dass die drei Fahrradhändler in meinem näheren Radius alle eine Vollmeise haben, habe ich für die grundsätzliche Geldgier dieser ganzen Berufsklasse allerdings keine Belege. Und so ein Text wäre wahrscheinlich auch unvermeidbar ziemlich spießbürgerlich. Seien wir meinem Gastgeber also dankbar dafür, dass er mich davon abgebracht hat.

Ein Gastbeitrag von Kaspar Dornfeld.

Der Grund für diesen Text hier ist einfach: Ich wurde darum gebeten, nachdem ich so vorwitzig war, einen anderen Gastbeitrag (VON EINEM DER AUSZOG, EIN BUCH ZU VERÖFFENTLICHEN) zu kommentieren – und nun haben wir alle den Salat. Jetzt müssen Sie da durch. »Bisher habe ich für meine Kunst gelitten, jetzt sind Sie dran!« (Stephen Fry, »Das Nilpferd«)

In dem anderen Text ging es um die Schwierigkeit, die es bedeutet, eine Buchveröffentlichung zu stemmen, verstärkt dadurch, dass der Autor es im Selbstverlag versucht. Es ist harte Arbeit, kostet Geld, auch dann, wenn es »nur« ein eBook ist und rechnet sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch nicht einmal. Dass der Text als eine Art offener Brief an »die Raubkopierer« formuliert wurde, finde ich ein bisschen an der eigentlichen Problemlage vorbeigeschossen, aber wie der Autor jenes Textes nun mit vollem Recht achselzuckend einwerfen könnte: »Pff! Jeder ist heute ein Kritiker…«

Mich interessiert hier eigentlich ein anderer Punkt, der nicht nur in jenem Text und vor allem in der ihm folgenden Diskussion anklang, sondern eigentlich in fast allen mir bekannten Debatten zum Themenkomplex »Urheberrecht und Rechteverwertung in den Zeiten des Internets«: Die nach geradezu unheilige Behauptung, dass die Kunstentstehung selbst mit irgendeinem Geldfluss verquickt sein müsse. Für Filmproduktionen mag dieser Zusammenhang ja noch stimmen oder für jede Kunstform, in der viel Material und viele Menschen zur Entstehung notwendig sind. Aber gerade zumindest für die ersten Erschaffungsschritte von Literatur ist das schlicht nicht wahr. Wenn also Ihnen, liebe nicht-schreibende Leserschaft mal ein Autor oder eine Autorin folgenden Satz sagt: »Wenn das so weitergeht mit der miesen Bezahlung, gibt es bald überhaupt keine neuen und originellen Bücher mehr, weil wir einfach das Schreiben an den Nagel hängen müssen«, glauben Sie es nicht! Da will Sie jemand in den Wald locken, Pfifferlinge sammeln! (Wie im übrigen auch, wenn Ihnen jemand – meist selbst KEIN Schreibender – sagt: »Wenn ein Buch nicht erfolgreich ist, ist es einfach nicht gut.« In so einem Fall rate ich zur Gesprächsaufgabe. Gegen die meisten Formen von echter Dummheit ist einfach kein Kraut gewachsen.)

Verstehen Sie mich recht: Schriftstellerei ist eine wirklich WIRKLICH harte Arbeit. Natürlich ist es fair und nur angemessen, wenn Schreibende, wenn sie schon nicht hauptberuflich davon leben können (was toll wäre), wenigstens nicht immerzu draufzahlen müssen, während tausende und abertausende Leute Stunden und Tage besonderer Stimmung aus den Texten ziehen. Doch für die Frage, ob neue Literatur entsteht, ist die Bezahlung nur von zweitrangiger Bedeutung. Nicht umsonst ist kein Markt so übervoll von Erschaffenden, wie der Buchmarkt, von denen so gut wie keiner es sich eigentlich leisten kann, Bücher zu schreiben.

Die meisten Schreibenden (unter ihnen der Unterzeichnende) möchten am liebsten nichts anderes tun, als die Werke verfassen, die sie selbst gern lesen würden. Das ist auch gut so, und ich bin überzeugt davon, dass der Literaturmarkt sehr viel bunter wäre, wäre das die Realität, aber das ist sie nicht und war es wohl auch zu keiner Zeit. Oh ja, es gab und gibt sie natürlich immer wieder, die wenigen, bei denen es doch funktioniert, die vom Schreiben der Bücher leben können, auf die sie Lust haben, aber sie sind nur wie die Möhre, hinter der der Esel (alle anderen Schreibenden) erst gierend und irgendwann immer gleichgültiger hertrottet.

Nun kann man natürlich sagen: Was soll die penible Unterscheidung? Unterm Strich läuft es doch auf dasselbe hinaus – Autorinnen und Autoren sollen für ihre Arbeit angemessen Geld sehen, was dafür auch immer an erneuerten Gesetzen / Geschäftsmodellen etc. vonnöten ist.

Nach der relativ unmaßgeblichen Meinung des Unterzeichnenden gibt es da, und sei es nur im Denken der Literaturschaffenden, jedoch einen profunden Unterschied, der sich wie kaum ein zweiter auf die literarische Vielfalt und im weiteren Sinne die Qualität des »Angebotes« auswirkt.

Als ich anfing, an meinem ersten Roman zu arbeiten, war das für mich eine Befreiung. Vorher hatte ich nur Drehbücher geschrieben. Die würden im besten Fall (dem Fall einer Realisierung als Film) immer noch von weniger Menschen gelesen werden, als bequem in die abgerissene Halle des Hauptbahnhofes der Stadt Brandenburg passen. Und jede zweite Idee würde womöglich als zu teuer abgelehnt. Doch in einem Prosatext kann ich den Planeten von zehn Milliarden »Hosianna« singenden Heuschrecken kahl fressen lassen, während verdächtig sprachbegabte Robbenbabies auf dem Weg zu ihren neuen Brieffreunden am Südpol… ok, ich vergesse mich. Aber Sie verstehen den Punkt, auf den ich hinaus will: Sie, liebe Leserschaft mögen so etwas zu Recht nicht mögen, in Geldwert messbar teuer »herzustellen« war es für mich nicht. Ich kann den ganzen Laden hier in die Luft sprengen und es kostet mich nichts als ein paar Sekunden an der Tastatur.

Kaspar DornfeldIch hatte schon zu Beginn meiner Prosatätigkeit einige erfahrene Freunde im »Literaturgeschäft«, und sie alle rieten mir das Gleiche: »Zuerst schreibst Du ein Exposé für Dein Buch. Dann suchst Du Dir am besten einen Agenten, der sucht Dir einen Verlag und wenn der Dir Schreibegeld gezahlt hat, DANN geht es los. NICHT VORHER! Sonst tust Du es womöglich für nichts.« Als ich trotzdem anfing, weil ich den Impuls loszuschreiben einfach nicht unterdrücken konnte, sah man mich milde lächelnd an und sprach vom typischen Anfängerfehler. Nun, auch mit etwas mehr Erfahrung sehe ich das nicht so. Heute bin ich, noch ganz am Anfang und ohne Ahnung, ob es mich ernähren kann, Autor UND Verleger, und ich werde mal versuchen, meine Ansicht aus jeweils beiden Positionen zu erklären:

Als Autor sage ich Folgendes: Wenn ich eines Tages nicht mehr schreibe, bevor mich jemand dafür bezahlt, wird es Zeit, den Beruf an den Nagel zu hängen. Nur solange ich ohne äußerlichen Anreiz die Lust habe, Welten, Figuren und Geschichten um beides herum zu erfinden, kann ich genügend Elan und Willen in das Werk einbringen, um es so gut werden zu lassen, wie es mir möglich ist. Ich habe drei Kinder, ich muss regelmäßig zum Amt und nein, es ist nicht gut möglich, sich darin einzurichten. Doch mein Wunsch, aus der finanziellen Misere zu kommen, darf und wird keinen Einfluss darauf nehmen, was ich schreibe und wann ich es tue. Versprochen, echt jetzt! (Natürlich gibt es auch den Fall, dass AutorInnen mehr als eine Geschichte gleichzeitig in der Pipeline haben und einfach Prioritäten setzen: „Welche zuerst Interesse weckt, wird zuerst geschrieben.“ Um diesen Fall geht es hier ausdrücklich nicht!)

Als Verleger sage ich dies: Bleib mir weg mit Werken, die Du nicht auch dann schreiben MUSST, wenn Dich keiner dafür bezahlt! Ich habe nicht deshalb einen Verlag mitgegründet, der sich ausschließlich im Besitz von AutorInnen befindet, um Dir hinterher sagen zu müssen, was und wann Du schreibst. Versteh mich richtig: Das ist keine Entschuldigung für mich, Dir keinen Vorschuss zu zahlen. Wenn wir es nicht verbocken, wird der Verlag hoffentlich bald groß genug sein, das zu tun. Doch dieses Geld soll dann nicht Dein Schreibanreiz sein, sondern mein Versuch, Dir so lange den Rücken freizuhalten, bis Du termingerecht abgegeben hast. Ich habe drei Kinder, ich muss immer noch zum Amt, also werde ich alles tun, Deinen Text möglichst oft zu verkaufen, und ihn trotz der auch beim qualitativ hochstehenden eBook entstehenden Kosten wie Lektorat, Gestaltung, Marketing, etc. in die Gewinnzone zu fahren.
Es mag ja Schreibende geben, deren Werken man die auf ein Geschäftsvernunftsmaß reduzierte Schreiblust nicht anmerkt, aber es sind soooo wenige.

Sind wir jetzt vom Thema abgekommen? Eigentlich nicht, denn genauso, wie die Lust am Schreiben eine bleiben sollte, die ohne äußerliche Anreize auskommt, sollte auch die Lust am gelesen werden für die Künstlerinnen und Künstler nicht zwangsläufig mit der Frage gekoppelt sein, ob auch alle bezahlt haben! Und in diesem Rahmen mutet es für mich falsch an, so viele Schreibende zu erleben, die sich einerseits nur allzu schnell unmögliche Verträge aufzwingen lassen (damit sind nicht nur die Prozente gemeint, sondern zum Beispiel auch unverschämte Rechtevergaben, etc.), aber andererseits ihre Leserschaft zumindest ansatzweise immer mehr als Zusammenrottung diebischen Gesindels betrachten, der »man« erst Wohlwollen entgegenzubringen hat, wenn sie dafür bezahlt. (Wenn jemand darin einen Anklang an zum Beispiel das Beschimpfen von Hartz-IV-Betroffenen durch drastisch unterbezahlte und von der wahren Herkunft ihrer Fastarmut abgelenkter Lohnarbeiter hört, ist das nicht komplett zufällig.)

Der Hindernislauf bis zur illegalen Kopie

Nachdem ich den oben verlinkten Text gelesen hatte, habe ich mir den hocheitlen Spaß gemacht, meinen Roman von einem illegalen Portal herunterzuladen. Also: Zunächst musste ich bei Google durch ein paar Suchbegriffe ein Forum finden, in dem Links zu solchen Portalen aufgelistet sind. Dann musste ich eins auswählen. Dann kamen erst einmal zwei Werbe-Pop-Up-Fenster und dahinter eine Seite voll wackelnder Brüste und einem Wust an winzigen Buchcovern, kaum formatierten Textbrocken und irgendwo eine kleine Suchmaske.

Kein Problem, einfach meinen Namen eingegeben und siehe da, mein Buch war »anwesend«. Das entdeckte ich allerdings erst wieder hinter zwei Werbefenstern: Titten und Börsenspekulationstricks für Anfänger. Dann konnte ich das eBook anwählen und bekam die »Seite des Buches«. Die Inhaltsangabe, den Verlagsnamen, VIELE wackelnde Brüste und irgendwo ganz unten ein Link, der zu einer Internetseite führte (zwei Werbefenster), die den Link auf dem eigentlichen Downloadportal aktiv hielt, zu dem ich dann musste, um dort anzugeben, ich sei kein Premiumkunde, was einen Wartecountdown und VIEL Werbung erzeugte, bevor ich eine ZIP-Datei herunterladen konnte, die (Danke MAC!) in irgendeinen Ordner mit kryptischem Namen entpackt wurde, den ich ewig nicht finden konnte, und als ich ihn doch gefunden hatte, war da mein Buch in jedem eBook-Format drin, dass »calibre« exportiert und zwar in entsprechend minderer optischer Qualität! Das soll leicht sein? Und doch hatten laut Angabe des eBook-Portales bereits 2.500 Leute vor mir mein Buch heruntergeladen. Nun, ich bin bestimmt kein Freund des Portalbetreibers, bei dem bei jedem Werbe-Pop-Up wahrscheinlich ein bisschen die Kasse klingelt und wenn man es hochrechnet, kommt da mit Sicherheit einiges rum, von dem ja wohl auch was in meine Kasse gehört hätte, aber den 2.500 bin ich nicht böse. Mir wäre es natürlich lieber gewesen, sie hätten es gekauft, klar, aber andererseits denke ich mir, dass bei jemandem, der sich durch diesen Dschungel geklickt hat, um an das Werk zu kommen, die Chance, dass er oder sie es wirklich mal vor die Augen nimmt, weitaus größer ist, als zum Beispiel bei den ca. 11.000 One-Click-Button-Texthortern, die das Buch bei Amazon heruntergeladen haben, als es dort für zwei Wochen zur Einführung kostenlos zu haben war.

Das Sieben-Tage-eBook-Rückgaberecht am Pranger

Und wenn man sich schon über Raubkopierer aufregt, hat es das Sieben-Tage-eBook-Rückgaberecht bei Amazon mindestens genauso verdient, am Pranger zu stehen. Für Tausend-Seiten-Werke mag das unproblematisch sein, aber für eine locker geschriebene Kriminal- und Geistergeschichte in handelsüblicher Taschenbuchlänge wie meine kann es den Tod bedeuten, dass bezahlte Werk ohne Angabe von Gründen bei voller Kostenerstattung zurückgeben zu können, in einem Zeitraum, der drei Mal ausreicht, um es zu lesen. Amazon: Bei uns lesen Sie es auch umsonst! Aber Sie kommen schneller ran und es ist legal!

Links

 

Weitere Artikel zum Thema:

Thomas Elbel: Von Einem der auszog, ganz allein ein Buch zu veröffentlichen.

Moritz Sauer: »Wer Bücher schreibt, geht ein Risiko ein.«

Matthias Wenzel: Internetpiraterie: Demokratischer Kapitalismus

Michael Hambsch: Crowdfunding funktioniert – aber nicht für Belletristik

 

35 Gedanken zu „Schreibegeld oder Der feindliche Leser

  1. »Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich irgend etwas ändert.« (Albert Einstein)

    wie wahr ! Doch, Wenn einem immer gesagt wird, wir haben nun dieses oder jenes System, wie willst Du dann das ändern .. Wenn Du immer beschossen wirst ? Ich hatte bei einem anderen Blog nochmals einen Text geschrieben, der eben „leider Gottes“ nochmal ein „Ordering System“ ansprach das für uns alle gut ist, weil es eben ehrlichst ist, war aber nur ein kleiner teil zum ganzen um auf zu zeigen warum es wichtig ist.. Und lars hatte es einfach gelöscht .. weil zwei drei leute meinten, die eventuell bei einem anderen Hersteller Ihr Geld bekommen und sicherlich auch Lars öfters anschieben und dadurch auch Ihn zum Gegner forcierten !

    »Müssen Sie halt was anständiges bieten, dann bleiben wir auch« (zorniger Zuschauer beim Verlassen des Saales, Landestheater Tübingen, 1996)

    Tja.. wird man was anständiges angeboten, dann kann es sein, daß es nicht mal von Korrektesten gesehen wird.. Da es eben doch nicht in das leben passen könnte wie es scheint, aber genau das ist, was zur „Heilung“ beiträgt.

    schönen Tag noch..
    Blacky

  2. Es läuft auf die gute, alte und sinnreiche Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation hinaus: Warum schreibt einer, was er schreibt? Und: Muss man eine solche erfüllende Nebenbeschäftigung wie das Schreiben gleich zum Beruf machen, wenn man doch das Existenzielle mit einem Gang zum Amt wenigstens notdürftig erledigen kann? Kann man fragen und wem wären die abgezockten Berufsautoren nicht zuwider, die das Neuronenfutter für Bastei Lübbe etc. lieblos herunterspulen?
    Die Frage nach der Motivation kannst du aber auch an die Leser richten: Ist es euch wichtig, was ihr da herunterladet … oder lest ihr es nur, weil ihr es gerade gratis abgreifen könnt? Und lest ihr es überhaupt oder seit ihr manische Textdateisammler oder … was ist eure Motivation??? Wenn dann jemand sagt: Ich kann mir nicht mal die 2,99 leisten, würde ich sagen: Gut, ist okay. Das wäre ja auch keine Efindung des Internets, die Sozialstationen für weniger begüterte Leser hat es ja immer gegeben und sie wurden als öffentliche Aufgabe angesehen, und diese Leser waren oft die Besten, die man als Schriftsteller haben konnte, die Bibliotheksjunkies, die sich jede Woche 2 oder 3 Bücher holten, manchmal ersehnte Bücher, auf die man erst einmal warten musste. Diese Sozial-Funktion des kostenlosen Buchvertriebs gibt es übrigens auch bei Amazon genug, praktisch alles, was Rang und Namen hat und schon ein bisschen tot ist, kann man sich da für 0,00 Euro ziehen. Das ist aber nur die eine Geschichte – was für eine Lesekultur kriegst du, wenn du dich selbst so mit Gratis-Downloads zuscheißt, dass du dich am Ende mit nichts mehr wirklich beschäftigst, sondern alles nur noch in Hastigkeit und Wurschtigkeit anliest?
    Die andere Geschichte ist die Ökonomie, und Ökonomie ist immer um mehrere Potenzen verwickelter und unübersichtlicher, als es auf den ersten Blick aussieht. Durch Gratis-Plattformen treten Veränderungen im Geldfluss auf. In der Musikbranche hat das zu seltsamen Erscheinungen geführt. Die Topstars sind heute quasi im Musical- und Radio-Lizenz-Geschäft tätig – allein mit Plattenverkäufen wird da keiner mehr reich, der Rubel läuft dagegen bei Wandervorstellungen von High-End-Produktionen. Das ist das neue „Geschäftsmodell“ der Branche – der Prominenz-Faktor ist noch wertvoller geworden. Das Geld strömt daher nicht nur wie immer schon aufwärts zu den 0,01% der „Superstars“, immer häufiger auch zu alten Säcken, die das nostalgische Milieu der U50 bedienen … der Mittel- und Unterbau besteht dagegen immer mehr aus Leuten, die zum Amt gehen und ansonsten ihr Hobby pflegen. Es ist wirklich erstaunlich, dass selbst beinahe berühmte Bands heute von der Hand in den Mund leben müssen … „Erfolg ist, wenn du weiter machen kannst“ hat Keith Richards mal gesagt – diese Bands werden irgendwann nicht mehr weitermachen, weil das bisschen Erfolg fehlt, um auch mal eine Pause machen zu können, an was Neuem zu arbeiten, nachzudenken, andere Projekte auszuprobieren, zu experimenteiren etc.
    Ich würde vorschlagen, die Debatte der Gratis-Downloads einfach nur ökonomisch zu untersuchen – wie würden sich die Strukturen der Buchproduktion ändern, wenn z.B. jedes Buch jederzeit für jeden gratis erreichbar wäre? Dass es keine aufwändigen Übersetzungs- und Editionsvorhaben mehr gäbe, ist klar (es sei denn solche, die vom Amt, also aus öffentlichen Töpfen, finanziert werden). Dass wir die Qualitätssicherungen einbüßen (lektorieren, korrigieren, Text gestalten), wäre eine weitere Folge. Dass überhaupt sämtliche professionellen Prozesse rund um Buchentstehung nur noch sehr wenigen Promi-Autoren (bekannt aus Film, TV und Funk) zur Verfügung stehen, könnte sich als Trend ebenfalls ergeben. Außerdem würden wohl neue Vermarktungsstrategien entstehen (sieht man ja schon), bei denen der „Content“ eher wie eine aufwendige Filmproduktion designt wird und dann verschiedene Bezahl-Kanäle gejagt wird. Um was Positives zu vermuten: Die Vorherrschaft des Produktmanagements („Rechtverwertung“) könnte schrumpfen, das wäre nicht das Schlechteste und unterhalb der Umsatzmaschinerien würde sich vermutlich – wie in der Musik – eine vielfältige Insider-Szene bilden, wo zwar keiner was verdient, alle dafür aber mehr Spaß an der Sache haben. Man könnte sagen: Die Zukunft des Romanschreibers ist das, was die Lyriker heute schon erleben – ein allmählich anschwellendes Desinteresse der Vielen, schreiben im ökonomisches Nichts, was der Qualität kein Abbruch tun muss. Aber wo sind da nur die Leser hin? Die Lyriker würden ja jedem intrinsisch motivierten Leser alles schenken, was sie haben …
    Vielleicht bekommen wir sowieso ein Leseumfeld, in der die weniger trivialen Bücher, insbesondern die Armen der Ärmsten, die sogenannten „schwierigen“ Bücher, immer weniger Leser finden. Die für Bücher zur Verfügung stehenden Zeitbudgets scheinen von diversen anderen Unterhaltungsangeboten aufgezehrt zu werden – das Buchstabenzeitalter ist z.B. parallel auch ein Zeitalter der Bildkommunikation (was nicht schlecht sein muss). Ich glaube, verabschieden aus den Querfinanzierungen der Verlage werden sich aber eher die „intrinsischen“ Geschichten. Zumindest im Übergang wird es ein gewaltiges Aufbäumen des Geschäftsmodells „Rechteverwertung“ geben …

    1. Zunächst erst einmal vielen Dank für diesen umfangreichen Kommentar.

      Ich weiß nicht, ob sich das „Wegleseverhalten“ tatsächlich in erster Linie aus der freien Verfügbarkeit ergibt, sondern vielleicht eher aus der Einteilung in immer kleinere Genreunterscheidungen. Unter Marktgesichtspunkten macht das sogar Sinn. Ich finde als Leser quasi garantiert ein eigenes Genre, dass passgenau zu meinem Wesen ist. Und damit immer auch andere Menschen, zu denen ich mich zugehörig fühlen kann. Alles verständliche Vorgänge. Allerdings hat das zu präzise Unterteilen auch einen entscheidenden Nachteil: Wenn ich die Genres so genau unterteile, kommt mehr oder weniger immer die selbe Geschichte heraus. Soviel Varianten gibt es dann ja doch nicht. Und das führt natürlich auch dazu, dass innerhalb dieser Grenzen immer wieder die selbe Geschichte verlangt und geliefert wird. Und von dieser Geschichte werden auch keine Haken erwartet, die es womöglich interessant machen könnten, sie ein zweites mal zur Hand zu nehmen. Kommt ja schon bald die nächste mit neuen Figuren, oder bei Serien sogar den gleichen und nur so wenig Variation, dass ich den Thrill vom letzten mal möglichst unverändert wiederholen kann. Und das führt nach meinem Dafürhalten am ehesten zu Generationen von „Weglesern“, denen es fast egal ist, ob sie nun diesen „Häkelkrimi“ lesen oder einen anderen, der das gleiche erfüllt. Und dieses Problem gab es schon lange vor der eBook-Welle (siehe die auf Jahre zurückreichenden Diskussionen über sogenannte Regionalkrimis…)

      Ich halte es außerdem für gefährlich, auch die Gratis-eBook-Debatte nur unter ökonomischen Gesichtspunkten zu führen, genau aus dem selben Grund, aus dem heraus ich diesen Blogtext überhaupt geschrieben habe: Das zu starke Festhalten an rein ökonomischen Gesichtspunkten führt zwangsläufig in eine immer ökonomischere Kunst und das ist nicht gut, oder sagen wir: Es führt immer mehr zu einer zu einfachen Antwort auf die Frage, wieviel Ökonomie beim kritischen Rezipieren von Kunst legitim ist. Wenn es wirklich so weit reicht, sagen zu können: „Das ist nicht erfolgreich, also ist es nicht gut“, dann erst, aber dann wirklich ist die Kultur im Niedergang begriffen. (Entschuldige die etwas kitschige Höhe der letzten Bemerkung)

      1. In diesem Sinne sind Videospiele manchmal interessanter und abwechslungsreicher als manche Genre-Romane. Eigentlich erstaunlicherweise, denn es heißt ja immer: Zocken macht blöd. Oder: Ach ja, die Generation Playstation, die faulen Säcke, die nicht mal mehr richtiges Deutsch können. Dabei sind manche Thriller und ChickLits inhaltsloser als ein Call of Duty.

  3. Vielen Dank für die Blogpost, dem ich – als Autor sowohl von Taschenbüchern bei diversen Verlagen wie von eBooks – weitgehend zustimmen kann. Schreiben ist auch schon immer eine Belohnung „an sich“, was kein Grund ist, jemanden um die Früchte seiner Arbeit zu bringen – aber ein guter Grund ist, nicht erst dann anzufangen, wenn die Kasse stimmt.

  4. „Ich halte es außerdem für gefährlich, auch die Gratis-eBook-Debatte nur unter ökonomischen Gesichtspunkten zu führen, genau aus dem selben Grund, aus dem heraus ich diesen Blogtext überhaupt geschrieben habe: Das zu starke Festhalten an rein ökonomischen Gesichtspunkten führt zwangsläufig in eine immer ökonomischere Kunst und das ist nicht gut, oder sagen wir: Es führt immer mehr zu einer zu einfachen Antwort auf die Frage, wieviel Ökonomie beim kritischen Rezipieren von Kunst legitim ist.“

    Lieber Herr Dornfeld,

    ich glaube ihr letztes Post ist ein gutes Beispiel dafür, wie man reagiert, wenn man als Autor selbst fast bis auf die Unterhosen widerlegt wurde: man such sich schnell ein anderes Schlachtfeld, Erst einmal herzlichen Dank an Herrn Iversen, der sich die Mühe zu seinem äußerst reflektierenden Post gemacht hat, und richtigerweise herausgestellt hat, dass die ökonomische und die kulturelle Dimension von Kulturschaffen unterschiedliche Ebenen des gleichen Prozesses sind, die manchmal miteinander zwingend, manchmal optional und manchmal gar nicht miteinander zusammengehen. Manche Werke könnten von manchen Autoren faktisch ohne ökonomische Unterstützung nicht geschaffen werden, manche Werke – sagen mir mal Postkartenprosa (nicht despektierlich gemeint), aber durchaus.

    Und manche Werke werden einfach nur geschaffen, weil es Geld UND ein Publikum dazu gibt. Das ganze erzeugt in seiner Addition etwas, das wir „kulturelle Vielfalt“ nennen, und von deren intellektueller Spannweite Gesellschaften insgesamt maßgeblich profitieren.

    Diese Diskussion nun eindimensional auf den ökonomischen Aspekt runter zu brechen, mag vielleicht einen sozial ausreichend abgesicherten Verleger, oder einem Hobbyisten mit Beamtenanstellung hinreichend das Ego streicheln, wenn er zwischen „Gut und schlecht“ entscheiden darf ist aber dermaßen respektlos allen Anderen Gegenüber, die das Grundprinzip einer Wirtschaftsgesellschaft „Geld gegen Leistung“ auch für Kulturgüter zu recht einfordern. Man könnte auch sagen, es sei das literarische Equivalent zum Autoaufkleber „Eure Armut Kotzt mich an“ auf einer Mercedes S-klasse.

    Und wenn Leser eines Häkelkrimis nach dem fünften mal weglesen, keine erbauendere Literatur finden, dann liegt das vielleicht daran, dass die den Markt ordnenden und abbildenden Instanzen, Verlage, Rezensenten, Kritiker, Buchhandel schon längst die Grätsche gemacht haben, oder gerade dabei sind, das zu tun. Hier hat die Buchpiraterie unstreitig der fortschreitenden Erosion des Buchmarktes große dienste erwiesen.

    Stellen wir uns vor jemand schreibt gerade an einer selbstverlegten gtrandiosen Fortsetzung vom Herrn Der Ringe von JRR Tolkien, und *NIEMAND* bekommt es mit, um das Buch zu lesen – ist das noch Kultur?

    Nein, denn Kultur skaliert den qualitativen Aspekt von Literatur, Ökonomie aber nicht nur den monetären, sondern fast immer auch die Relevanz von Werken. Großartiges entsteht zumeist dann wenn Relevanz und Qualität zusammenfallen und Synergien bilden. Die ökonomische Relevanz und Abhängigkeit von Kulturgütern und -schaffen in Frage zu stellen ist somit nur eines: Schlicht kleingeistig.

    1. Ich war mir bisher nicht bewusst, mich auf einem Schlachtfeld zu befinden und gehe auch weiterhein davon aus, das nicht zu sein. Daher bitte ich um etwas Entspannung bei der Wortwahl.

      Nach meinem Dafürhalten sind die, wie Sie es nennen, „ökonomische und die kulturelle Dimension von Kulturschaffen“ eben nicht unterschiedliche Ebenen des gleichen Prozesses, sondern, zumindest im Fall der meisten Belletristik, zwei unterschiedliche Prozesse. Natürlich gibt es Texte, nicht nur Sachtexte, die harte Recherche erfordern und manches davon kann mit Zeit nicht aufgeholt werden, sondern kostet Geld. Das sei unbenommen.

      Ich möchte Werken, die von vornherein auf den Erfolg konzipiert sind (wie Sie es nennen: Werke, die geschaffen werden, weil es Geld UND ein Publikum gibt) ihre Existenzberechtigung nicht absprechen. Ich habe eine 10 Jahre alte Tochter und die liest begeistert ihre „Warrior Cats“, die ein klassisches Beispiel für so etwas sind, aber ich wage die Behauptung aufzustellen, dass solche Werke, wenn sie auch nicht schädlich sind, der kulturellen Vielfalt nicht viel nützen und daher auch nicht Teil der Spanne an Möglichkeiten sind, sie zu definieren.

      Ihre folgenden Anmerkungen kann ich nicht diskutieren, da ich ganz ehrlich nicht verstehe, was genau Sie damit sagen.

      Vielleicht noch etwas zu Ihrer abschließenden rhetorischen Frage nach Kulturwertigkeit von Werken, die „niemand“ zu lesen bekommt.
      Es mag sein, dass ein Werk, dass keiner kennt, auch wenn es noch so wichtig für eine ganze Gesellschaft wäre, kein Kulturgut ist. Ist ja logisch. Doch weder Sie noch ich können wissen, wann etwas zum Kulturgut werden kann. Die Zeit als Variable ist da entscheidend. Ihr Tolkien-Fortsetzer wäre bei weitem nicht der erste, für dessen Werke die Zeit vielleicht erst nach 100 Jahren kommt. Daher ist Relevanz für Kunstwerke überhaupt, wenn sie aus ökonomischer Sicht als Maßgabe verwendet wird, ein – gelinde gesagt – zweischneidiges Kriterium.

      Ich bleibe dabei. Eine intrinsische Motivation ist für das Erschaffen von Kunstwerken und damit von Werken, die, und ich glaube mich damit nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, die Chance haben, zu Kulturgütern zu werden unerlässlich und eben jene intrinsische Motivation ist für sich genommen vollkommen unabhängig von einer extrinsischen. Abgesehen von der simplen Problematik, nicht zu verhungern natürlich, aber zu viele großartige Schriftsteller haben ihr Leben lang mit anderen Dingen Geld verdienen müssen, um das Problem als Indikator für den Niedergang einer Kultur anzusehen.

      1. Was für ein gequirlter Unsinn.

        Intrinsisch/extrinsisch, schwarz-weiss….herrlich, diese Vorstellung von Kultur und Kreativität…mir wird bei soviel vereinfachendem Bläh wirklich speiübel.

        Ich habe ein paar Dinge in mir, die garantiert eine Bereicherung für die kulturelle Welt bedeuten würden. No joke. Wertvolles. Ich habe Glück gehabt: right time, right place, right people, right circumstance. Ausser mir könnte das vielleicht ein handvoll Leute auf der Welt erzählen. Die sind aber nicht wirklich interessiert daran, es zu tun.

        So rein intrinisch gesehen ist meine Motivation, das nun für eine größere Öffentlichkeit zu Papier zu bringen zur Zeit allerdings eher so lá lá…

        Ich habe ja nun schon Einiges veröffentlicht, und weiß von daher, dass ich immer am Stock gehe, wenn ich mich einer Sache wie dieser voll verschreibe und sie dann so realisiere, dass ich selber auch damit zufrieden bin. Da ist es schon mal passiert, dass ich ein Jahr lang dann nur dem Gras beim Wachsen zusehen konnte, weil ich leider nervlich ‚burnt out‘ war. Ziemlich unangenehm, aber dann im Nachhinein doch nicht ganz so schlimm, denn damals hatte ich für die Sachen ’nen Vorschuss kassiert, der mir die notwendige Rekonvaleszenz und noch ein bisschen mehr finanziert hat. Unterm Strich war es also für mich in Ordnung.

        Doch zurück zur ‚Intrinsik‘ – laut dem tiefsinnig dreinblickenden jungen TE hier,
        dem heiligen Gral allen wahrhaft wertvollen künstlerischen Tuns.

        Ich weiß also, dass einige das oben Angesprochene sehr gerne erfahren würden, und ich würde es auch sehr gerne schreiben, äußerst gerne sogar. Brennend gerne. Ich werde auch immer wieder drauf angesprochen, wann ich das denn endlich mal mache, aber extrinsisch komme ich da einfach nicht klar mit mir.

        Ich habe nämlich nicht den Masochismus, meinen intrinsisch motivierten Mitteilungsdrang über meinen Selbsterhaltungstrieb zu stellen, und deshalb lasse ich das Projekt unter den aktuell gegebenen Umständen einfach erstmal ruhen.

        Gäbe es Geld ( money, schnöden Mammon ) in angemessener Höhe , sähe das ganz sicher anders aus. Dann würde ich mich reinhängen, wie es meine Art ist.

        Die extrinsische Motivation würde quasi der lauernden intrinsischen ganz gewaltig auf die Sprünge helfen.

        So allerdings nicht. Wer mich persönlich trifft, wird möglicherweise – wenn mir danach ist – diese Geschichte aus meiner tiefsten intrinsischen Motivation heraus en detail erzählt bekommen. Die Chance, dass es sein Leben verändert, ist recht hoch. Ich erzähle sie gerne über ein oder zwei Abende, nehme mir alle Zeit, die dazu nötig ist, die persönliche Wertschätzung meines Gegenübers und das Wissen, ihm etwas Einmaliges mitgegeben zu haben, ist mir dafür Lohn genug.

        All das einem anonymen Publikum vor die Füße zu werfen, das in nicht unwesentlichen Teilen zunehmend nicht mal den Anstand hat, einfache geschäftliche Regeln einzuhalten, lehne ich aber ab. Ins Rampenlicht will ich nicht und ein Fangemeinde ist mir auch schnurz.

        Für diese Leute bleibt die Geschichte also unerzählt.

        Sobald ich ein Angebot bekomme, das mich als Menschen respektiert, will heißen, das mein physischen und psychisches Wohlergehen in und nach dem notwendigen und zehrenden Arbeitsprozess berücksichtigt, werde ich mich allerdings dran setzen. Mit intrinsischer und extrinsicher Motivation in einem gesunden Verhältnis.

        Und zwar solange, bis es perfekt ist.

        Bin ich nun ein Künstler oder nicht?

        Es ist eine rhethorische Frage, denn mir ist die Antwort eines Irgendjemand, der mir dieses Attribut vermutlich nur dann gnädig zugesteht, wenn ich mich auf für mich nachweislich nachteilige Weise im Gegenzug für irgendetwas in die Pflicht nehmen lasse, das seiner Meinung nach ‚die Gesellschaft‘ ist, wirklich völlig gleichgültig.

        1. „Intrinsisch/extrinsisch, schwarz-weiss….herrlich, diese Vorstellung von Kultur und Kreativität…mir wird bei soviel vereinfachendem Bläh wirklich speiübel.“

          Das tut mir leid. Ich will schließlich weder für Ihre Übelkeit noch für Ihre Tonvergriffe verantwortlich sein, doch wenn es Ihnen zu schwarz-weiß ist, bin ich für Vorschläge, wie man die Grauzone zwischen intrinsisch und extrinsisch nennt, absolut offen.

          Es ist doch toll, wenn Sie der Welt wertvolles mitzuteilen haben. Vielleicht sollten Sie es einfach tun, anstatt mir und wer weiß wem sonst noch statt dessen zu erzählen, dass Sie ja viel zu erzählen haben, das aber nicht tun, so lange niemand dafür bezahlt, weil es ja eine Qual ist, es zu tun.
          Na und? „Am Stock geht hinterher“ jeder. Das ist eine Berufskrankheit an der keiner vorbeikommt. Es sollte mir leidtun, wenn sie sich bei Ihnen stärker äußert als bei vielen anderen, aber das ist dann auch schon alles.

          Natürlich ist es eine rhetorische Frage, ob Sie ein Künstler sind. So lange Sie Ihre und anderer Leute Zeit damit „verbringen“, davon zu reden, Werke zu erschaffen, weil Sie das Potential dazu haben, anstatt es wirklich zu tun, sind Sie natürlich keiner. Dazu braucht es niemandes schnöselige Meinung. Das ist simple Logik.

          1. Lieber Kaspar Dornfeld,

            ich mach’s mal ganz simpel.

            Wenn die Gesellschaft nicht verlässliche Mechanismen dafür bereitstellt, dass Autoren aller Couleur am Markt so teilnehmen können, wie jeder andere Leistungsanbieter auch, dann werden ihr zunehmend kulturell relevante Beiträge entgehen.

            Werke werden nicht geschrieben, Geschichten werden nicht erzählt, Wertvolles wird in Schubladen unbeachtet verstauben. Das passiert schon jetzt und immer mehr. Leider.

            Die, die ungeachtet ihrer zu erwartenden materiellen Selbstzerfleischung aus unbändiger intrinsischer Motivation bis zum letzten Blutstropfen weiter schreiben, werden am großen Bild nichts ändern, auch wenn es natürlich eine nette, zeitgeistige Vision ist, dass dem Dunkel des Netzes auf einmal lauter selbstvergessene und intrinsisch motivierte Shakespeares entspringen, die die Schreibkultur auf ein neues Level hieven. Es ist naiv und total praxisfern, an so etwas auch nur ansatzweise zu glauben.

            Überhaupt scheint mir die Korrelation zwischen solch bedingungsloser Motiviertheit und der abgelieferten Qualität und Relevanz von Werken kompletter Unsinn. Wer zwanghaft schreibt oder sonst irgend etwas zwanghaft tut, macht es deshalb noch lange nicht gut.

            Oft eher ganz im Gegenteil. Und das umso mehr, wenn er währenddessen in sozialem Status und materieller Beweglichkeit in der Welt immer mehr abrutscht.

            Für mich ist diese ganze Glorifizierung selbstlosen schöpferischen Tuns ein in gewisser Weise sogar nachvollziehbarer Versuch, die Grätsche zwischen dem real erlebten Schmerz materieller Hoffnungslosigkeit und dem hehrem Idealismus, den man sich irgendwann mal jugendbewegt als für’s Künstlersein unabdingbaren Bestandteil eingetreten hat, mit einem salbungsvollen Selbstbetrug schön zu reden. Dazu kommt dann noch die Feigheit, gegen den Mainstream, gegen ‚das Netz‘ anzureden.

            Wie auch immer – solche Autosuggestion soll ja in vielen Fällen schmerzlindernd wirken, warum also nicht auch hier.

            In der nachhaltigen Epidemiebekämpfung ist sie allerdings kaum das Mittel der Wahl und hält eher davon ab, das Augenmerk auf die Ursachen zu richten.

            Ihnen eine schönen Sonntag

            P.S.: ach ja…

            Die Alternative wäre, Künstler in ihrem materiellen Selbstbewusstsein zu unterstützen und zu stabilisieren. Ihnen von außen immer wieder zu sagen ‚Deine Arbeit IST was wert. Sie ist GUTES GELD wert!‘ anstatt ihre latenten Selbstzweifel schamlos auszunutzen, so wie es zur Zeit nun mal common sense ist.

          2. Ich fang mal hinten an: Ich habe nie behauptet, dass die Arbeit eines Schriftstellers keinen materiellen Gegenwert wert sei. Im Gegenteil. Alles was ich von Anfang an – deutlich wie ich finde – gesagt habe, ist, dass es einfach nicht richtig ist, die kaum zu bestreitende und unfehlbare wichtige intrinsische Motivation zum Kunstschaffen in der Frage nach künstlerischer Vergütung zu kidnappen und als einfach abstellbar hinzustellen.

            Ich komme zum nächsten Punkt:

            Zu behaupten, den Drang schreiben zu müssen, ohne die Frage zu stellen, „ob es sich finanziell auch lohnt“, würde am großen Bild nichts ändern, bedeutet, nicht nur Leute wie Kafka einfach schlicht literaturhistorisch unwichtig zu nennen. Dass unter den vielen, die glauben, schreiben zu müssen, nur ein geringer Prozentsatz von Leuten ist, die auch gut sind und unter denen ein noch geringerer Prozentsatz an Leuten, die jemals erfolgreich sind, mag ja stimmen, ist aber auch nicht wirklich eine neue Erkenntnis.

            Wenn Sie sagen, eine Korrelation zwischen bedingungsloser Motiviertheit und der Relevanz oder Qualität von Werken sei für Sie nicht erkennbar, muss ich das natürlich so gelten lassen, merke aber an, dass ich es absolut nicht genauso sehe.

            Ihre implizierten Beleidigungen lasse ich unkommentiert. Sie werden schon einen Grund für Ihre übereifrige Wut haben, und der geht mich genauso wenig an, wie er mich eigentlich interessiert.

            Nur noch etwas zu Ihrer Bemerkung bezüglich der verlässlichen Mechanismen: Künstlerische Berufe waren zu keiner Zeit und sind es (sehen wir mal von Orchestermusikern ab), Berufe, die finanziell – von Einzelfallausnahmen abgesehen – aus sich selbst heraus finanzierbar sind. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war Mäzenatentum die bevorzugte und oftmals einzige Methode der Künstlerfinanzierung. (Gut, das stimmt nicht in jedem Fall ganz exakt, siehe Stadttheater, etc.) Verstehen Sie mich da richtig. Ich bin absolut davon überzeugt, dass das nicht so bleiben sollte, aber es ist nicht die Aufgabe der Künstler zu sagen „Geld her, oder ich schreibe nicht“, sondern die Aufgabe der Restgesellschaft zu sagen: Kulturschaffen ist wertvoll für uns alle, ergo müssen wir es auch ermöglichen, die Erschaffer am Leben zu halten. Nur geht dann – und das verstärkt sich nunmal, wenn man das ganze Thema „pragmatisch“ betrachtet – das dumme Gejaule los von wegen: „Machen Sie aber schöne Kunst. Nein, sowas komisches da soll ich mit meinen Steuern finanzieren? Flenn, flenn!“

            Und nochwas: Latente Selbstzweifel gehören zu den meisten Künstlern. Diese auszunutzen ist falsch, da gebe ich Ihnen recht. Sie den Künstlern wegnehmen zu wollen, ist falsch, denn sie sind ein wichtiger Motor für die von Ihnen so verachtete intrinsische Motivation.

            Auch Ihnen einen schönen Sonntag

          3. Um Missverständnissen entgegenzuwirken: Beleidigungen waren nicht impliziert, ich fürchte, es ist das unglückliche Framing Ihres Beitrags im größeren Kontext von Piraterie, das mich etwas scharf hat formulieren lassen.

            Von einer Betonung der intrinsischen Motivation bis hin zum ‚Applaus ist das Brot des Künstlers‘ ist es in dieser Debatte nun mal nicht allzu weit, es ist eines der dünnsten, dümmsten und meist gehörten Argumente aber –

            das haben Sie in der Tat nicht behauptet.

          4. Das ist wohl in der Tat so, dass der text nicht in die Kategorie ebook-piraterie gehört hätte, denn, auch wenn er das thema streift, steht es nicht im mittelpunkt meines textes. da muss ich vielleicht mit dem gastgeber auch noch mal drüber reden.

            ich möchte auch nur nochmal betonen, die lust am schreiben, die für den autoren selbst schon einfach und recht pur vorhanden sein sollte, gibt niemand anderem das recht, sie zu einsparungszwecken auszunutzen. ich denke, da sind wir uns einig. ich sage nur, man sollte sie, diese lust, in ruhe lassen und eben sogar aus der ganzen vergütungsdiskussion heraushalten. das ist eigentlich alles, denn sie ist nach meinem dafürhalten wichtig und zerbrechlicher, als man glauben mag.

        2. „….denn sie ist nach meinem dafürhalten wichtiger und zerbrechlicher, als man glauben mag.“

          Nennen wir das Kind doch beim Namen: Man kann an engagierter kreativer Arbeit schier verzweifeln, und Verzweiflung ist sicher noch lange nicht das Ende auf der Skala der möglichen Konsequenzen.

          Der einsame Self-Publisher vor seinem Bildschirm, der neben seiner eigentlichen Tätigkeit, dem Schreiben, noch unermüdlich an seinem Profil auf den angesagten Social-Media Kanälen feilt, wie das Kaninchen auf die Schlange die Kurven seiner täglichen Abverkäufe auf Amazon & Co. statistisch auswertet und zu optimieren versucht, nebenbei noch harte Verhandlungen für weniger standardisierten Vertriebswegen führt und ach, fast hätte ich’s vergessen, auch noch so was wie ein Leben jenseits all dessen führt, möglicherweise Frau und Kinder hat.

          Was für ein trauriges Bild,

          das uns als zeitgemäß und modern verkauft wird, und das ich hier nur deshalb kurz skizziere, um noch mal auf die ungeheure Wichtigkeit stützender Strukturen, Verlage, Vertriebe, Lektoren, das ganze Drumherum hinzuweisen. Ich fürchte, auch das größte Schreibtalent könnte leicht an den Anforderungen dessen, was heute große Teile der Netzgemeinde für den Archetypus des Schreiberlings 2.0 halten, zerbrechen.

          Oder seine Motivation wird sauer, mutiert zu blankem Zynismus, zum Hass auf die ganze Branche…( kann man hier ein paar Klicks weiter bestaunen )

          Meine Quintessenz:

          Künstler ( Alle ! ) müssen endlich laut und unmissverständlich in Richtung der Konsmenten und der Netzgemeinde sagen ‚wir BRAUCHEN Euer Geld, ihr MÜSST ( ! ) zahlen, und zwar auch für die, die noch keine Weltmeister sind und auch für unsere Verlage, unsere Strukturen, für all das, was uns stützt, wenn wir – wie jeder Künstler – mal wieder ’nen brutalen Durchhänger haben und nicht mehr wissen, wie’s weiter geht.“

          Die Zeiten der Einschüchterung und Verunsicherung sind vorbei, und spätestens nachdem jeder ‚Pirat‘ sein eigenes Buch bei einem herkömmlichen Verlag untergebracht und gegen fetten Vorschuss veröffentlicht hat, ist das unsägliche Geschwätz von den ’neuen Geschäftsmodellen‘ durch die Protagonisten selber entzaubert.

          Der Keil, den interessierte Kreise in den Letzten Jahren in allen Genres zwischen Künstler, Verlage und Publikum getrieben haben, er kann nur von den Künstlern wieder entfernt werden. Und das muss jetzt geschehen. Durch Qualität, Professionalität und vor allem Selbstbewusstsein!

          Mein Wunsch: Die in der Tat oft sehr zerbrechliche intrinsische Motivation möglichst vieler neuer Talente zu stärken und zu stützen – durch Geld, Money, Kohle, ein bisschen Entspannung im materiellen Bereich.

          Für mich liegt darin ganz und gar kein Widerspruch.

  5. Erstmal ist es schön zu sehen das sich die Diskussion irgendwie entspannt hat. Diese Hasstriaden von beiden Seiten waren irgendwie nicht mehr auszuhalten. Wir leben alle in einem Land zusammen, vermutlich oft sogar Tür an Tür.
    In meiner Wahrnehmung haben wir auch ein Verständnissproblem aller Beteiligten mit einander, welches sich zum Teil durch die unterschiedlichen Werdegänge erklären läßt.
    Herr Elbel * hat (vermutlich) ganz andere Erwartungen als Herr Dornfeld an das was aus Seiner Sicht bei dem schreiben von Büchern herrauskommen sollte. Die Konsumenten verstehen (milieuübergreifend) nicht warum sie ihr Verhalten aus der analogen Welt in der digitalen (Bücher und Musik tauschen) ändern sollten.
    Ein Teil nutzt die legalen Angebote (Amazon) wenn sie nutzerfreundlich sind (siehe die recht offenen Diskussionen bei lesen.net das bei Nichtbenutzbarkeit durch ADE auf Piraterie umgestellt wird) ein anderer Teil läd bei SB und Co. zum lesen andere erfüllen sich halt den Traum von einer großen Bibliothek, zumindest virtuell.
    Wem aktuell was schadet oder nützt ist eigentlich nur ein stochern im Nebel (Ein „Raubleser“ hat natürlich einen messbaren Nutzen).
    Das „Problem“ oder anders ausgedrückt der Zustand das nach geltender Rechtslage illegale Kopien von Medien aller Art erstellt werden, wird auch in Zukunft nicht verschwinden.
    Teilweise ist dies auch zum Nutzen einzelner Rechteinhaber (der Comicabsatz ist nachweislich gestiegen, einzelne Autoren behaupten das bei ihnen auch positive Effekte zu verzeichnen waren).
    Andere werden dadurch natürlich auch Schaden erleiden.
    Durch die Technik die die illegale Vervielfältigung ermöglicht wurde es aber auch erst möglich, das diese vielen Medieninhalte erst erzeugt, der breiten Masse bekanntgemacht werden und eventuell einen Erlös erzielen.
    Man kann vermutlich nicht das EINE ohne das ANDERE haben.
    Für den Einzelnen ist es eigentlich nur von Interesse ob er in einem solchen Marktumfeld bestehen und soviel einnehmen kann, das sein Überleben gesichert ist.
    Da ist es eigentlich egal, wenn sagen wir mal, das Buch/der Song 100000 illegal heruntergeladen wird, wenn die legalen 5000 Verkäufe/die Auftritte dies absichern.
    Ein Gärtner muß auch damit leben das die Pflanzen die er kultiviert beim Kunden weiterwachsen, sich quasi selbstständig vervielfältigen und über den Gartenzaun weitergereicht werden.
    Der Vorgang des züchtens neuer Sorten, ist aus meiner Sicht auch gut als Vergleich zur Schaffung von Werken im Kreativbereich geeignet.
    Hier wie da, muß man erst,zum Teil erheblich monitär, in Vorleistung gehen und über Jahre hinweg seine Zeit investieren ohne das sicher ist das dies am Ende entspechend honoriert wird.
    So gesehen ist der ganze Kunst- und Literaturbetrieb, speziell im virtuellen Raum, Kapitalismus in Reinstkultur (in einem Kapitalismus der reinen Lehre sind keine Schutzmechanismen für einzelne Marktteilnehmer vorgesehen und sogar per Definition zum Schaden der Marktteilnehmer; über die ständige Ausweitung von Schutzfristen lasse ich mich jetzt nicht aus da sie in der Praxis nur bei Geschäften AutorVerlag oder VerlagVerlag eine Rolle spielen, vom Endkunden werden sie im großen Stil ingnoriert, man ist einfach auf den guten Willen des Kunden angewiesen das die das Produkt ehrlich erwerben).
    Die Autoren stehen ja zu allererst untereinander im knallharten Wettbewerb um den Kunden/Leser.
    Ich vermute, das schon mehr als 100 Leute in Deutschland vom Schreiben leben können.
    Aber die die das hinbekommen, werden es den anderen aus nachvollziehbaren Gründen nicht auf die Nase binden und schon gar nicht erklären wie man das macht.
    Die Gründe für einen Erfolg oder ein Scheitern sind in den meißten Fällen vielfältig. Neben Talent sind die Vernetzung des Einzelnen und Glück vermutlich entscheidend.
    So wird es auch mit Buchpiraten, in Zukunft, einzelne Erfolgsautoren wie J. K. Rowling geben jedoch die Masse der Autoren werden im warsten Sinne des Wortes leer ausgehen, einige aber werden es schaffen mit schreiben dauerhaft Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
    Ein Problem sehe ich in den großen Ebooksammelpaketen. Die können erstmal für einen langen Zeitraum für Konsum- (eher) Kaufverzicht beim Konsumenten führen. Die könnten aber wie auch bei diesen riesigen CBR-Halden (Comics) neue Zielgruppen erschließen.
    Aber gefällt ein Autor, so wird er dennoch oder gerade deswegen Kunden finden (ob genug, ist eine ganz andere Sache).

    Für die Indie`s habe ich noch folgende Anmerkungen:
    Ich finde es irritierend, das einzig das Argument ins Feld geführt wird wir sind ja viel billiger und deshalb lasst uns, liebe Piraten, bitte in Ruhe. Das ist auf der einen Seite blauäugig und auf der andern Seite dumm. Blauäugig weil dieses appellieren an Moral und Anstand noch nie geklappt hat, dumm weil man damit sugeriert das diese Preise den Wert dieser Bücher darstellen.
    Es ist überhaupt komisch, das die Indie`s eigentlich nur über einen ruinösen Preiswettkampf miteinander im Wettbewerb stehen. Daraus ergibt sich für den Konsumenten nur was (fast) nichts kostet ist auch nichts wert.
    Das viele (meine bescheidene Meinung) auch wirklich Mist schreiben tut da erstmal nichts zur Sache.
    Wer sich sicher ist das sein Werk gut ist, soll auch richtige Preise verlangen. Was der „richtige“ Preis ist entscheidet der Markt. Unter Umständen ist der wirklich sehr niedrig aber hat man mit der Billigschiene erstmal angefangen, kommt man davon kaum noch weg.
    Viel wichtiger als der Preis ist aus meiner Sicht das man eine große mediale Aufmerksamkeit erzielt (da wären wir wieder bei der Vernetzung und das Beziehungen nur dem schaden der keine hat; Qindie z.B. ist aus meiner Sicht eine Selbsthilfegruppe die dies erkannt hat, für sich wirbt und vermutlich versucht andere zu verbeissen, Log.Os der noch recht unausgegorene Versuch der (deutschen?) Verlage andere zu verbeissen).
    Was aus meiner Sicht auch (oft) falsch gemacht wird ist die Ebook only Strategie.
    Die ist zwar erstmal sehr kostengünstig hat aber den unschönen Nebeneffekt, das, sollte das Buch kostenfrei gelesen (über boerse.bz und Co.) und für gut befunden werden, die potenzielle Kundschaft keine Möglichkeit hat dieses Buch physisch zu erwerben (nochmal als Ebook kaufen werden es die wenigsten) und zu verschenken (Ebooks sind ja bekanntermaßen im legalen Vertrieb Leselizensen und kaum übertragbar)/sich selber in die Schrankwand zu stellen.
    Print on demand wäre da ein Weg.
    Und bitte, laßt nicht den fünfzehnjährigen Sohn der Freundin das Cover machen. Cover sind neben den Begleittexten zum Buch ein wichtiger Kaufanreiz.

    Und zu guterletzt, es gibt einfach zuviele von Euch. Der Kuchen würde selbst wenn es keine Ebookpiraterie gäbe, nicht für Euch alle reichen (diese unangenehme Erfahrung müßten leider schon viele in vielen Branchen machen und aktuell knappert das Ebook am stationären Handel, die Indie`s im bescheidenen Maße an den Verlagsautoren).

    *
    Ich glaube aber Herrn Elbel das Er sowas in seinem Umfeld nicht mitbekommt, da Er Jurist UND Autor ist und Seinen Standpunkt offen vertritt, werden Ihm seine Nachbarn, Bekannten und Freunde mit Sicherheit nicht auf die Nase binden wenn sie illegal Medieninhalte ziehen.

  6. Vielleicht übersehe ich ja etwas, aber ich würde sagen: Thema verfehlt.

    Kaspar Dornfeld arbeitet sich an Forderungen ab, die so gar nicht gestellt wurden. Soll er doch schreiben, was und unter welchen Umständen er will – das tut doch wirklich überhaupt nichts zur Sache: Darum geht es nicht.
    Worum es geht: Dass unter der Voraussetzung a.) eines Marktzugangs, b.) einer Nachfrage und, vor allem, c.) von Nutzungshandlungen eben diese zu vergüten sind. Alles Andere ist Gewäsch.

    Sollte die Nutzung im terminologischen Sinne die eines Vertragspartners bzw. Lizenznehmers sein, also eines Buchverlages oder einer Plattform wie Amazon, dann darf der Autor vom Nutzer eine Vergütung erwarten, wird sich aber, je nach Konstruktion seines Deals, auch an den Unkosten eines Diensteanbieters beteiligen müssen.

    Sollten die Nutzungshandlungen insgesamt irgendwann einen Umfang erreichen, der materiell ertragreich ist, DANN wird der Autor irgendwann von _seiner Arbeit_ leben können. Bis dahin wird er auf Lizenz- und Nutzungsvergütungen in einem Umfang hoffen müssen, der ihn, wenn’s gut läuft, auf Plus/Minus-Null bringt.

    1. Da dieser Text in die Kategorie Ebook Piraterie eingeordnet worden ist, kann ich verstehen, dass jemand sowas denkt, denn defacto geht es in ihm ja nicht um Piraterie, sondern um die grundsätzliche Motivation des Schreibens, und wie sie nach meinem Dafürhalten von einer Diskussion vereinnahmt wird, mit der sie eigentlich nichts zu tun hat. Daher, nicht Thema verfehlt, sondern lediglich in der falschen Kategorie eingeordnet.

  7. Schreiben ist das eine – Veröffentlichen das andere. Was ich aus innerem Antrieb zu Papier gebracht habe, muss ich ja auch nicht verschenken, wenn es keiner bezahlen will – in der Schublade kann es reifen, mal als Vorlage eines anderen Werks dienen oder überarbeitet werden.

    Aber, wenn es veröffentlich wird, werden andere mit der Verbreitung ihr Geschäft machen – ob das nun über eine Piratenseite, oder die eines Verlags ist. Fragt euch also mal umgekehrt, ob der Autor ausgerechnet an diesen Umsätzen keine Beteiligung verdient haben soll.

    Von einem anderen Nutzer einer geschlossenen Facebook-Gruppe. (Kommentar gepostet von Lars Sobiraj)

  8. Lieber Kaspar,

    die Behauptung Schreiben sei rein intrinsisch motiviert ist genauso alt wie die Urheberrechtsdebatte und genauso falsch.
    Richtig ist das Folgende: Es gibt genausoviele ex- und intrinsische Schreibmotivationsbündelvarianten, wie es Menschen gibt, die schreiben. Geld, Ruhm, Schreibsucht, Mitteilungsdrang, Narzissmus etc. pp. werden in immer wieder neuen Variationen vorliegen. Du machst hier den uralten Fehler, von Dir selbst auf andere zu schließen.
    Statistisch betrachtet, wird es vermute ich so sein, dass ein Querschnitt aller Schriftsteller ausgewogen ex- UND intrinsisch motiviert ist, mit einem leichten Schwerpunkt auf der Extrinsik. Ich versteige mich gar zu der Behauptung, dass wenn man alle Kreativberufe betrachtet, vom Maskenbildner, Webdesigner bis zum Ausdruckstänzer, Autor (und warum sollten wir nicht auch über die reden; kopieren kann ich letztlich alles) Geld schon ein hochwichtiger Motivationsfaktor ist.

    1. Lieber Thomas,

      ich gebe Dir in einigen Punkten recht, in anderen nicht. Worin wir uns, denke ich, einig sind, ist die Tatsache, dass Schreiben allein, wenn man den Versuch macht, es beruflich zu tun, für lau nicht lange gut geht. Und, wie ich in meinem Text schon erwähnte, haben viele Profis durchaus viele Projekte in Wartestellung, die sie (intrinsisch) gern machen wollen, aber (extrinsisch) in Reihenfolgen einordnen, je nachdem, welches Projekt bezahlt wird. Die Logik und Stimmigkeit dieses Verhaltens werde ich nie bestreiten. Und ein bisschen ärgert es mich schon, dass mein Text als „Schriftsteller-sollen-mal-die-Fresse-halten-und-nehmen-was-sie-kriegen“ Kommentar gesehen wird, denn er ist so garnicht gemeint, und ich behaupte immernoch, dass das mit keinem Wort da steht. Schuld daran, dass man es trotzdem so lesen kann, ist zum einen, dass er an einem Ort erschienen ist, wo der pure Pirateriestreit offenbar Hauptthema ist – das war mir vorher nicht ganz klar, mein Fehler – und dann auch noch eingeordnet wurde in die Kategorie Ebook-Piraterie. Ich kann dazu nur sagen, auch wenn er das Thema streift, ist ein Diskussionsbeitrag dazu nicht meine Absicht gewesen. Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass es Folgen hat, die intrinische Motivation des Schreibens, deren Existenz Du hoffentlich nicht bestreitest, in diesen Diskussionstopf zu werfen. Das ist unverantwortlich und grundfalsch.

      Warum?
      Genau hier beginnt, der Punkt, an der ich mich zumindest Deiner Argumentation nicht anschließen kann. Ich glaube nicht, dass die „Schreibmotivationsbündelvarianten“ so zahlreich sind, wie Menschen unter der Sonne leben. In den wichtigen Punkten sind sie, denke ich, sehr leicht quantifizierbar. Entweder ich habe eine Sache zu erzählen, dann tue ich das, oder ich habe (oder glaube zu haben), mehr als eine Sache zu erzählen, dann will ich das zum Beruf machen. Dann gibt es noch eine Untergruppe von Kategorie 1. Die, die mit der einen Sache, die sie der Welt mitzuteilen haben, so erfolgreich sind, dass sie im Goldrausch der Illusion verfallen, mehr zu sagen zu haben und es wieder versuchen. Alle anderen graduellen Abstufungen unter Gefühle nach anderen Gefühlen kommend (Mitteilungsdrang beinhaltet immer mindestens eine Spur Narzissmus) sind nach meinem Dafürhalten zu vernachlässigen. Egal, wohin man eher gehört, die Intrinsik ist immer der Ausgangspunkt, oder nennen wir sie, Motivator I.

      Wenn Du sagst, dass für viele „Profis“ der Schwerpunkt, wenn auch nur leicht zur extrinsischen Motivation (also Schreiben erst, wenn Geld in Aussicht, resp. schon da) verschoben ist, setze ich Deiner Behauptung die folgende entgegen: Vielleicht liegt darin ein wesentlicher Punkt dafür, dass die meisten neuen Werke, auch von Profis, eher mittelmäßige Imitate eines zurückliegenden Erfolges sind, der selbst, ich denke, soweit kann ich mich aus dem Fenster lehnen, mit Sicherheit stärker intrinsisch motiviert war. (Damit meine ich nicht „ausschließlich“) Um es mal ganz banal zu sagen: Ich bin überzeugt davon, dass Dein Drang, das Buch zu schreiben, sich auf die Leserschaft übertragen wird, oder eben das Ausbleiben oder Verringern des einen auch das andere verringert.

      Eigentlich verstehe ich nicht, warum gerade Du auf den Mehrwert der äußerlichen Anreize klopfst (das heißt, ich verstehe es natürlich, aber ich sehe da einen Fehler in Deiner Argumentation), denn Du hast genau das gemacht, was ich propagiere. Als Dein Verlag, der groß genug ist, um etwas mutig zu sein, und der ja auch nach Deinen früheren Werken wusste, dass Du ein Schreibprofi bist, Dich nach Deiner eigenen „Aussage“ mit Deinem neuen Projekt wegschickte, weil es eine nach seinem Dafürhalten Genreunschärfe hatte, hast Du Dich der intrinsischen Motivation ergeben und gesagt: „Ich glaube daran. Ich mache das selbst.“ Ich finde das großartig und genau richtig, auch wenn Du, denke ich, selbst ohne Raubkopiererei nicht wirklich davon ausgegangen sein wirst, dass das Ding nun gleich bombastisch verkauft werden wird. Vielleicht hast Du davon taggeträumt, aber geglaubt hast Du wahrscheinlich nicht daran, oder? (Wenn es Dir zu unverschämt ist, dass ich hier über Deine Motive spekuliere, gib mir ruhig eins auf den virtuellen Schnabel) Doch wo bleibt die Aufregung über den fehlenden Mut des Verlages? Vielleicht hattest du die und sie war Teil Deiner Motivation, das Buch auf eigene Faust zu veröffentlichen, aber warum lese ich in Deinem Beitrag und in vielen Wortmeldungen von Schriftstellern über die Unerträglichkeiten unserer Zeit als Künstler kaum etwas (für gewöhnlich garnichts) darüber? Dein Verlag, der wie fast alle Verlage ausschließlich als Händler denkt, richtet sich nach Statistiken und Zielgruppeneinteilungen, die zum einen von ihm selbst geschaffen worden sind und die zum anderen wie goldene Kälber behandelt werden.
      Der Leser, der immer nur das und jenes erwartet und nie was anderes nehen würde, ist ein Mythos, dafür geschaffen, ihn zum Literaturraucher zu erziehen, der immer nur schnell das gleiche Erlebnis braucht. Doch dabei werden zwei elementare Dinge schlichtweg negiert: Zum einen ist Erfolg nur in sehr kleinen Mengen vorhersagbar. Folglich braucht es den rein intrinsischen Schreibdrang, um den großen Erfolg von morgen zu erzeugen. Zum anderen ist die Hauptaufgabe von Verlagen eigentlich nicht oder zumindest nur in zweiter Linie das möglichst häufige Verkaufen, sondern das verfügbar halten von lohnenswerten Texten. Und genau diese Kategorie, die Frage nämlich, was „lohnenswert“ ist, wird durch die zu starke Konzentration auf das Geld zu häufig zu schnell beantwortet und da fallen dann schon Texte aus dem Raster, deren experimenteller Verdienst nur darin besteht, zwei Genres zu vermischen. So feige ist das Geschäft mittlerweile! Höre ich darüber Empörungsschreie von Autorinnen und Autoren? Nun ja, manchmal schon. Schließlich haben wir hier einen Verlag gegründet, der im Besitz der Schreibenden selbst ist und zwar als wachsendes „Organ“. Aber nur allzu häufig gibt es nur die Empörungsschreie über die böse Raubkopierei, die ich nicht gut finde, als die Raubkopiererei. Das sei hier klar festgehalten, aber ein bisschen kommt es mir vor, als schaute man da ans falsche Ende.

      Ich habe das alles vor Jahren schon im Filmgeschäft miterleben müssen. Da war einerseits das große Aufstöhnen Hollywoods über schwindende Zuschauerzahlen. Man zeigte mit großer Geste auf die Raubkopierer, um von der schlichten Tatsache abzulenken, dass die müden alten Säcke, die zynisch nur auf den Erfolg vom letzten mal starrend immer wieder den selben Film rausschissen, einfach keine Ideen mehr hatten und haben wollten, die noch jemand sehen wollte.
      Und dann war da der heimische Film. Damals war ich Student und es war normal, dass man sogar Stars bekam, wenn sie Zeit hatten UND ihnen die Rolle gefiel. Für viele von ihnen waren die Studentenfilme sogar eine willkommene Abwechslung. Sie konnten hier oft interessantere Rollen finden, als der ewig wiederholte gleiche Wortbausteinmüll, den sie sonst meistens vorgesetzt bekamen. Doch das änderte sich alles, als die großen Produktionen und Fernsehanstalten entdeckten, dass man auch mit wenig Geld und viel jugendlicher Leidenschaft Filme machen kann. Ja wenn das so geht, zahlen wir auch nichts mehr. Wenn einer fragt, sagen wir: Leider sind wir soooo knapp bei Kasse… Das stimmte in manchen Fällen sogar, kam aber eben auch daher, dass die Risikobereitschaft drastisch abnahm. Oft genug stimmte es aber auch nicht. Ein Sender wie das ZDF muss keine Filme machen, in der jede Head-of-Department Position von Praktikanten besetzt ist. Aber das fand statt. Ich habe es erlebt. Ergebnis: Heute ist es zum einen vollkommen normal, Preise zu drücken. Jeder kennt den Satz: Wir haben kein Geld. Zum anderen kommen auch die Stars nicht mehr zu den wenigen wagemutigen Produktionen, die geblieben sind. Wenn nirgends mehr genug Geld rumkommt, ist die Trennschärfe nicht mehr gegeben und die einen, die wirklich nicht zahlen können, werden in Sippenhaft für die genommen, die es könnten.
      Doch auch da blieb der große Protest der Kreativen gegenüber den Medienkonzernen einfach aus. Wir haben uns einreden lassen, dass der Markt entscheidet, dass wir mit dem leben müssen, was man uns gibt und vor allem, dass jeder ersetzbar ist.

      Und hier ist es doch das gleiche! Nicht, dass dummes Raubkopieren in Ordnung wäre. Aber anstatt mal die großen zu fragen: Wenn Ihr immer sagt, das Geld ist weg, wo zum Teufel ist es bitteschön hin? wird die Selbstrechtfertigung übernommen, mit der sie den Schreibenden Verträge aufrücken, die sich meilenweit von dem bewegen, was mal als Mindest-Standard-Vertrag ausgehandelt worden war und statt dessen die Leserschaft als geizige Saubande beschimpft. „Wenn keiner mehr raubkopiert, geht die Sonne der Kultur wieder auf.“ Das klingt mir zu sehr nach einem Ablenkungsmanöver, auch wenn ich die Motivation der einzelnen wie Dich dabei nicht in Frage stellen will.

      Kaspar Dornfeld

  9. „Egal, wohin man eher gehört, die Intrinsik ist immer der Ausgangspunkt, oder nennen wir sie, Motivator I.“

    Äh. Nein.

    Dieses absolute Insistieren auf intrinsischer Motivation als das Maß aller Dinge halte ich wirklich für groben Unfug.

    Genau so oft, wie einer sagt: „Ich möchte gerne was erzählen…“

    Wird einer gefragt: „Erzähl doch mal was ( spiel doch mal was, mal doch mal was ) , Du kannst das so toll. Und dann macht er das halt und irgendwie wird ein Beruf draus, weil er halt wieder und wieder in seinem Tun bestätigt wird.“

    Das Gleiche gilt auch für andere Berufe. Menschen werden motiviert und angehalten, etwas zu tun, weil andere sehen, dass sie gut darin sind.

    Um dann exzellent und kreativ zu arbeiten, braucht es keinerlei intrinsischen Drang. Nur das Gefühl, für seinen Beitrag im Gegenzug als integrer und wertvoller Bestandteil von der Gesellschaft geachtet zu werden.

    1. Ich habe versucht, höflich zu sein, aber irgendwann ist die Schmerzgrenze an Schwachsinn, zu dem ich freundlich bleiben kann, einfach überschritten. Um kreativ zu arbeiten, braucht es – sobald der Erschaffende also ein Publikum hat – keinen intrinsischen Drang mehr? DAS ist grober Unfug! Und bestenfalls der Weg ins instutionalisierte Mittelmaß! Herzlich willkommen in der Welt des reinen Kunsthandwerks!

      Max Goldt hat das mal sehr schön gesagt: „Applaus ist nicht das Brot des Künstlers. Er ist das Valium des Künstlers. Das Publikum honoriert immer lieber den Stillstand als den Wandel.“ Herrgott nochmal! Dieser Drang, das Schreiben von Belletristik einfach als irgend einen Dienstleistungsberuf ansehen zu wollen, ist echt abstoßend!

      1. Der von Ihnen mit Zähnen und Klauen verteidigte Dichotomie von intrinsischer Motivation und künstlerischer Wertigkeit auf der einen Seite und belangloser – weil nicht intrinsisch motivierter – Absonderung auf der anderen Seite deckt sich nun mal überhaupt nicht meiner persönlichen Lebenserfahrung.

        Natürlich darf ein jeder seinen persönlichen Begriff von wahrer Kunst in beliebige elitäre Höhen schrauben, in den meisten Fällen läuft das aber meiner Meinung nach auf ein ‚ich bin nun mal viel zu gut und sensibel für die Welt da draußen‘ , das klassische schmollende, verkannte Genie hinaus, das derart lebenslang eine selbstgestrickte Vorabversicherung für künftiges Scheitern vor sich herträgt. Und nein, damit meine ich Sie jetzt keinesfalls persönlich, wie könnte ich auch, ich kenne Sie ja gar nicht, es geht mir nur um die überhöhende Attitüde als solche.

        Gutes künstlerisches Handwerk, dass Sie, sobald es nicht intrinsisch motiviert ist, pauschal als institutionalisiertes Mittelmaß abtun, sollte sicher die Basis jeder Kunst sein. Darüber hinaus benötigt es natürlich auch eine Inspiration, und einen guten Anteil Glück im Werden und Gelingen. Doch wenn sich die mal nicht einstellen, dann ist es oft vielleicht auch einfach nur der äußere Zwang, einen Vertrag erfüllen, etwas abliefern zu müssen, der einen Künstler handwerklich immer besser werden lässt, der die nötigen Lernprozesse in Gang setzt, so dass er die nächste originäre Inspiration besser einfangen und umsetzen kann.

        Ich denke, unsere Differenz rührt unter Anderem aber auch daher, dass Sie jedem wertigen kreativen Tun den öffentlichen Mitteilungsdrang unterstellen. Der ist meiner Erfahrung nach aber durchaus auch nicht immer gegeben, er wird – wie ja schon gesagt – oft erst extrinsisch motiviert zu einer nachhaltigen Triebfeder für publizierbare Ergebnisse.

        Umgekehrt ist die im Übermaß vorhandene intrinische Motivation, seine Kreativität unbedingt in eine standardisiertes und öffentlich zu machendes Format ( Buch, Musik, Film ) zu gießen, die vielen ‚Künstlern‘ dann zum Dilemma und zum größten Lebensdesaster gerät, weil sie trotz aufopferungsvollsten Bemühens erfolglos bleibt, eben leider nicht immer identisch mit dem authentischen Drang nach Originalität, sondern kann – wie Thomas Elbel schon schrieb – aus einem recht bunten Mix an Motivationen erwachsen.

        Aber lassen wir es dabei. Man kann in dieser Angelegenheit ja durchaus verschiedener Meinung sein.

        Ich freue mich jedenfalls über jeden wahren Künstler der irgendwo auftaucht, sehe auf dem Weg dahin ( auf dem er genährt werden muss ) jedoch mehr Schweiß, Tränen und handfeste Arbeit, als göttlichen Funkenschlag, und diesen, so er sich denn einstellt, meistens dann auch eher als Lohn der vorangegangenen Mühen.

        Aber – um abschließend noch ansatzweise in den Kontext zurück zu finden – natürlich könnte man die Kulturszene auch um alles in Ihren Augen so Zweifelhafte bereinigen und nur die handvoll originärer Genies, deren unerwartete Erstlinge die Welt nachhaltig verändert haben, als einzig gültige role models für die Zukunft herausstellen. Dann würde man bei oberflächlicher Betrachtung das ganze, Drumherum nicht mehr brauchen, Verlage, Vorschüsse, Agenten, Lektoren, alles Quatsch, alles überflüssig, sollen doch sterben gehen. Dann gilt, ‚Entweder Du hast es, oder Du hast es nicht…‘. So, wie sich Fritzchen eben ‚echte Kunst‘ vorstellt.

        So…nun ist es aber wirklich genug von mir 😉

        1. Ich glaube, das Problem besteht einfach darin, dass man alles gern als Absolutum begreift. Ich habe nie bestritten, dass für die künstlerische Arbeit Geld sehen wollen, oder anderweitig extrinsisch motiviert sein, falsch wäre. Es waren jedoch Ihre Worte, die besagten, dass ein wahrer Könner (was in dem von Ihnen propagierten Begriffsschema offenbar schlicht Handwerker heißt), keinerlei intrinsischer Motivation mehr bedarf und das ist schlicht und ergreifend Blödsinn. Die Intrinsik mag nicht der einzige Motor sein, der ein Buch oder was auch immer fertig stellt, aber ohne sie geht es nicht besser als mittelmäßig weil zwangsläufig unoriginär.

          Und um mal mit diesem hochnotpeinlichen Gleichsetzen von Wertschätzung der inneren Motivation und dem Klischee des weltfremden blassen Künstlers aufzuräumen: Selbst Eragon oder Harry Potter sind in ihren Grundzügen intrinsisch motiviert gewesen. Denn die Form selbst mag durch Vorlieben des Marktes (jetzt gehe ich gleich und wasche mir den Mund mit Seife aus!) geprägt sein, die Lust sie zu füllen, kommt immernoch aus dem Künstler selbst. Das gilt für das Sonett genauso wie für den „whodunnit-krimi“.

          Und überhaupt geht es mir gehörig auf den Sack, dieses ewige Getue, als sei nur der Kunstschaffende richtig in seinem Metier, der weiß, wo der Hase des Geldes langläuft. Es gibt gerade in der inländischen Gegenwartsliteratur erschreckend viel Mittelmaß. Und Sie wollen behaupten, es hätte nichts damit zu tun, dass ein Großteil der Berufsausübenden zuerst in den Geldbeutel glotzt und dann erst auf das leere Papier?

          Es gab schon vor vielen Jahren einen Satz, der sehr treffend beschreibt, was ich meine. Er bezog sich zwar auf den Film, ist aber leicht übertragbar: „In Amerika werden Filme als Kunst produziert, aber als Ware gehandelt. In Deutschland ist es genau anders herum.“

          Also bitte etwas weniger Arroganz gegenüber dem weltfremden Künstler. Er oder sie ist immernoch derjenige, der die Werke verfasst, die bleibend genug sind, um den Schriftstellerberuf in den Augen einer unseren Nöten gegenüber vollkommen ignoranten Öffentlichkeit sinnvoll aussehen zu lassen.

          1. Erstens:

            Zu ‚Harry Potter‘ etc. Woher wollen Sie wissen, wie irgendjemand außer Ihnen selber tatsächlich motiviert ist?

            Zweitens: Ihre Behauptung,

            “Egal, wohin man eher gehört, die Intrinsik ist immer der Ausgangspunkt, oder nennen wir sie, Motivator I.”

            kommt als Absolut daher. Alles außerhalb diese von Ihnen verkündeten Dogmas kann per se nur minderwertig oder bestenfalls Mittelmaß sein. Auch hier wieder die Frage: Woher wissen Sie das eigentlich?

            Drittens:

            „Es gibt gerade in der inländischen Gegenwartsliteratur erschreckend viel Mittelmaß. Und Sie wollen behaupten, es hätte nichts damit zu tun, dass ein Großteil der Berufsausübenden zuerst in den Geldbeutel glotzt und dann erst auf das leere Papier?“

            Genau das behaupte ich. Denn: Es gibt überall viel Mittelmaß, das ist reine Statistik und nicht durch das Ändern irgendwelcher Rahmenbedingungen auszumerzen. Mittelmaß liegt in der Mitte dessen, was man so vorfindet und misst, und es ist doch schon erfreulich, wenn die statistische Häufung auch in der Literatur nicht am unteren Ende auftritt.

            Ich verstehe ehrlich gesagt das Problem nicht. Es sei denn das läge darin, dass mittelmäßige Autoren, die mit mittelmäßigen Werken viele mittelmäßige Leser glücklich machen, in der Regel auch heute noch mittelmäßig gut bezahlt werden, während das für einen Ausnahmeautoren, der mit einem Ausnahmewerk Ausnahmeleser glücklich macht, eher die Ausnahme ist.

          2. Und schon wieder widersprechen Sie sich zumindest implizit. Gerade Sie, der professionelles Schreiben scheinbar ausschließlich als Handwerk ansieht, dass ohne Eigenantrieb auskommt, wenn nur jemand dafür bezahlt, behaupten, oder „stellen die Frage“, wie man bitte schön erkennen können soll, was in einem Werk drinsteckt. Wie man sich sowas anmaßen kann. Das ist kein Diskutieren, sondern pseudoargumentatives Tricksen. Jeder gute Klempner kann an den verschraubten Rohren (sicher mit Einschränkungen) erkennen, was ein Berufskollege da gemacht hat und das können Schriftsteller untereinander auch.
            Und wenn Ihnen das dazu nicht reicht, machen Sie sich bitte klar, dass vorher solide in einem Job arbeiten und dann alles hinschmeißen aufgrund des unbedingten Wunsches, Bücher zu schreiben, der mit Abstand beste Beweis intrinsischer Motivation ist, den es geben kann.

            Soviel zu Ihrem „erstens“.

            Zu Ihrem „zweitens“ kann ich eigentlich nur antworten: Ich lese und hinter meinen Augen ist ein Gehirn.

            Und zu Ihrem „Drittens“
            Ach Gott! Was für eine Klugscheißerei! Statistische Häufungen passieren auch hier in der Mitte und nicht im Extrem? Stoppt die Druckerpressen!

            Und wenn Sie das ganze Problem nur verstehen, wenn es ums Geld geht, diskutieren Sie es doch bitte an einem Ort weiter, wo es auch darum geht. Und das ist ganz gewiss nicht hier. Ich habe es nicht nur einmal gesagt: Das Thema Bezahlung künstlerischer Arbeit ist wichtig, ABER HIER UND JETZT NICHT DAS THEMA!

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