Download-Portale können ganz offensichtlich die Waren gut verteilen, für die eh schon jede Menge Werbung gemacht wurde. Wer versucht sie als Werbeplattform zu nutzen, fällt auf die Nase.
Das passierte diese Woche Selim Özdogan. Özdogan veröffentlichte bereits bei Bastei Lübbe und hoffte auf die Spenden der Downloader, die sein neues Werk bis zum 3. Oktober umsonst beziehen können. Die Presse interessierte das Thema übrigens kein bisschen.
Bei keinem größeren News-Portal konnte man etwas über die exklusive Publikation des neuen Werks von Selim Özdogan erfahren. Lediglich ein paar kleinere Blogs und News-Seiten zum Thema E-Books haben diese Erstveröffentlichung aufgegriffen. TorBoox-Admin SpiegelBest kommentierte den Reinfall sehr passend auf seinem Blog: „Eine entbehrungsreiche Woche fast ohne mediale Erwähnung fand verdient ihr Ende.“ Soll heißen: außer Spesen nix gewesen! Es sei nicht einmal gelungen, ungelesene Downloads zu generieren. Geschweige denn, dass es möglich gewesen wäre, dem Autoren zu ein wenig Einkommen zu verhelfen.
Verlage haben halt ihre Funktion. Das galt schon, kurz nachdem Gutenberg im Jahr 1450 den Buchdruck erfand. Es gilt auch noch heute. Sie trennen die Spreu vom Weizen, überprüfen und redigieren den Inhalt und übernehmen die Promotion und den Vertrieb. Aber eben nur dann, sollte das Werk Aussicht auf Erfolg haben und gewissen Qualitätsanforderungen entsprechen.
Ohne Werbung kann niemand vom Nobody zum erfolgreichen Bestseller-Autor werden. Das heißt leider auch: Ohne Verlage scheint es noch nicht zu gehen. Die Warez-Seiten vertreiben das, was die verschiedenen Bereiche der Kreativwirtschaft geprüft und dann produziert haben. Oder lag es dieses Mal am Thema? War der Erzählband einfach zu schwere Kost und somit zu weit ab vom Mainstream? Auch sollte man sich fragen, wieso der Autor die Betreiber der Website ansprach, statt sich (wie sonst auch) an einen Verlag zu wenden.
Rednex on the loose?
Vor 3 Jahren passierte etwas Vergleichbares. Vielleicht erinnern sich ein paar ältere Semester an die Spaßband Rednex, die früher mit Titeln wie „Wish you were here“ oder „Cotton Eye Joe“ für Furore sorgte. Nun ja, das war 1994 und 1995, danach wurde es wieder still um die Schweden, die so gerne die US-amerikanische Country-Musik auf’s Korn nehmen. Im Januar 2010 verkündete man stolz, man „liebe“ The Pirate Bay (TPB), weswegen man dort exklusiv einen neuen Song veröffentlichte. Gebracht hat den Musikern der Deal recht wenig. Sie haben es wider Erwarten nicht geschafft, mit der Aktion ihren Weg zurück in die Charts zu finden.
The Promo Bay for dem Aus!
Die Macher des BitTorrent-Portals The Pirate Bay gaben jetzt sogar bekannt, dass sie ihre kostenlose Promotion-Aktion nach nur einem Jahr stoppen wollen. Derzeit sind sie auf der Suche nach einem Freiwilligen, der für sie die ganze Arbeit übernimmt. Die Vorauswahl, Kontaktaufnahme und die weitere Gestaltung der Zusammenarbeit kostet viel Zeit. Offenbar Zeit, die die Macher von TPB nicht aufwenden wollen. TPB-Mitbegründer Tobias Andersson schimpft: „Dies ist nicht mehr der rebellische, energische und progressive Ort, der es einmal war. TPB ist vollgepflastert mit Anzeigen, mehr als je zuvor. Nichts wird gesagt, nichts wird getan„. Noch läuft die Website The Promo Bay weiter, neue Produktionen wurden dort aber wohl schon länger nicht mehr vorgestellt.
Warum können Download-Portale keinen Vertrieb ankurbeln?
Eigentlich schade, es hätte doch so schön sein können. Wenn große illegale Portale keine neuen Künstler unterstützen können, können sie die Verlage, Plattenlabels und Filmstudios nicht überflüssig machen. Dann bleibt alles beim Altem. Ein wenig Bewegung abseits vom Mainstream hätte uns sicher gut getan. Oder liegt es daran, weil man beim Besuch solcher Portale automatisch davon ausgeht, die vorgekaute Ware zu beziehen? Wieso kann TorBoox oder The Pirate Bay nicht wenigstens ein bisschen die Rolle der Content-Industrie übernehmen? Am Willen hat es nicht gemangelt. Leider sind es eben nicht die Autoren, gerufen zur Tafelrunde. Es sind die Leser, gerufen zum Schlachtfest, weil ihnen Dritte im Vorfeld die ganze Arbeit abgenommen haben.
Blick in die Zukunft
SpiegelBest schlug jemand vor, eine PR-Plattform, plus diverse Elemente sozialer Netzwerke mit seiner Download-Seite zu verknüpfen. Doch wenn sich Leser gegenseitig Bücher empfehlen, entsteht daraus noch kein neues Vertriebskonzept. Dann ist es noch immer die Verlags-Ware, die man sich gegenseitig nahelegt. Außerdem müsste ein solches Portal erstmal höchst aufwendig erstellt werden. Facebook wurde nicht an einem Tag geschrieben, wer soll das bitte finanzieren? Und warum sollte man das tun, wenn wahrscheinlich sowieso kaum jemand darauf anspringen wird? Die Freikarte fürs Kopfkino liegt ungenutzt auf dem Boden, so schnell werden sich die Verhältnisse leider nicht ändern.